Krimis & Thriller
"Wir wollen seyn ein einzig Volk von Brüdern ,..."
Der Z?rcher Kommissar Eschenbach hatte sich nach einigen seine Gesundheit arg strapazierenden F?llen eine mehrw?chige Auszeit mit Frau und Tochter in Kanada verordnet. Als er wieder an seine Stelle im Polizeipr?sidium zur?ckkehren m?chte, muss er feststellen, dass nichts mehr so ist, wie es einmal war. Da kommt ihm die Anfrage von Jakob Banz, einem alten Bekannten und Chef der renommierten Banque Duprey, gerade recht. Eschenbach soll dort als Chief Compliance Officer und Nachfolger seines spurlos verschwundenen Vorg?ngers Dubach Licht in einige bankinterne Angelegenheiten bringen.
Was sich zun?chst als gut bezahltes Ruhekissen f?r den Charakterkopf Eschenbach anh?rt, nimmt mit dem Mord an Jakob Banz schlagartig eine dramatische Wendung. Dar?ber hinaus ist Banz? Assistentin und Tochter Judith, eine attraktive und zugleich clevere junge Dame, wie vom Erdboden verschwunden. Eschenbach selbst findet sich stark in Mitleidenschaft gezogen und ohne jegliches Zeitgef?hl unter der Obhut einiger Benediktinerm?nche im Kloster Einsiedeln wieder. Was ist passiert? Welche Zusammenh?nge gibt es zwischen den einzelnen blutverschmierten Puzzleteilen?
Der Schweizer Schriftsteller Michael Theurillat, fr?her selbst ein erfolgreicher Banker, hat mit "R?tlischwur" seinen vierten Roman ver?ffentlicht, dabei seine Leser allerdings ein wenig auf die Folter gespannt, nachdem das Erscheinen einige Male verschoben werden musste. Theurillat hat mit der gew?hlten Thematik einen hochaktuellen Schauplatz er?ffnet, der Hochspannung verspricht, aber leider nicht ?ber den gesamten Roman hinweg halten kann. Dies liegt vorrangig daran, dass er ein bis zwei Ecken zuviel in den Plot hineinkonstruiert hat, was die Glaubw?rdigkeit der handelnden Personen doch ein wenig leiden l?sst.
Ein Z?rich-Roman aus der Feder eines Schweizers macht dennoch gro?e Laune, da es das Postkartenidyll der Schweizer Metropole am Z?richsee gelungen pr?sentiert. Authentisch wird es dann, wenn schwizerd?tsche Ausdr?cke verwendet werden, die hierzulande zu leichtem Schmunzeln anregen - dann n?mlich, wenn jemand sein Auto nicht einfach "parken", sondern "parkieren" m?chte, oder wenn jemand einen "Entscheid" anstelle einer "Entscheidung" trifft. Dass es an den Ufern der Limmat allerdings gem?tlicher zugeht als an Elbe, Spree, Rhein, Main oder Isar, kann man dank der Rasanz des vorliegenden Romans freilich nicht behaupten.
Theurillat hat viele Spuren und Informationen in "R?tlischwur" hineingepackt. Der Leser erf?hrt so einiges ?ber Hawala, ein im Graubereich der Legalit?t operierendes Geldtransfer-System, das bei der Banque Duprey Anwendung gefunden zu haben scheint. Dar?ber hinaus wird der namensspendende R?tlischwur von 1291 strapaziert, die staatsgr?ndende Aktion der Kantone Uri, Schwyz und Unterwalden, wie sie bereits Friedrich Schiller in "Wilhelm Tell" beschrieben hatte. Ebenfalls auf der R?tliwiese am Vierwaldst?tter See hat fast ein dreiviertel Jahrtausend sp?ter der Schweizer General Guisan im Juli 1940 mit dem R?tlirapport das geltende Selbstverst?ndnis der Schweizer manifestiert und in gewisser Weise dem Unabh?ngigkeitswillen der Schweizer im Hier und Jetzt die moralischen Grundlagen bereitet.
"R?tlischwur" f?hrt den Leser in die Abgr?nde der internationalen Finanzwelt und legt schonunglos dar, dass heutzutage Kriege in erster Instanz ohne Waffen und federf?hrend von Bankiers in ma?geschneiderten Anz?gen und nicht in Uniformen gef?hrt werden. Obgleich Theurillat einleitend sein Buch sogleich als Fiktion markiert und jegliche Zusammenh?nge mit realen Personen und Handlungen als zuf?llig beschreibt, kommt man als Leser doch nicht umhin, ob Theurillats tiefen Hintergrundwissens als ehemaliger Mann aus der Finanzszene die Einarbeitung der einen oder anderen realit?tsnahen Begebenheit zu vermuten.
Die Lekt?re des vorliegenden Buches macht einfach Spa?, da es sich aus der immer mehr verdickenden Einheitssuppe der Kriminalromane durch Schauplatz, Thema und Sprache gekonnt abhebt. Auch wenn Theurillat es am Ende ein wenig ?bertrieben hat und so manches R?dchen doch nur dank der Fiktion ins andere zu greifen vermag, hat sich die Wartezeit auf "R?tlischwur" gelohnt und die Erinnerung an die Lekt?re rund um den Finanzplatz Z?rich wird beim Leser garantiert nicht allzu schnell in Vergessenheit geraten.
Christoph Mahnel
19.12.2011