Krimis & Thriller

Schuld und Sühne

Der Besuch einer Frau in Begleitung eines alten Mannes am Grab des ehemaligen Abtes des Klosters Larkwood gibt der Gemeinschaft der Mönche Rätsel auf. Über viele Jahre hinweg scheint der schon vor längerer Zeit verstorbene Gründervater der Abtei genau auf diesen Moment gewartet zu haben, doch leider ist die Visitenkarte, welche die Dame an der Pforte abgegeben hat, nirgends mehr aufzutreiben. Und so bekommt der frühere Prozessanwalt Pater Anselm von seinem Prior den Auftrag herauszufinden, was es mit den militärischen Erkennungsmarken und dem Brief auf sich hat, die man unter Bruder Herberts persönlichen Gegenständen fand. So begibt sich der Gilbertiner in William Brodricks Kriminalroman "Das Schweigen des Mönchs" auf eine Reise in die Schützengräben des Ersten Weltkriegs.

Die Schlacht um Passendale im Jahre 1917 ist nämlich die Bühne des persönlichen Dramas, welches das Leben von Captain Herbert Moore von Grund auf ändern und bis zu seinem Ende prägen sollte. Als Offizier wird er zur Teilnahme an einem Kriegsgericht aufgefordert, das über die Fahnenflucht eines irischen Soldaten zu urteilen hat. Bei der Einsicht der zugehörigen Akte, die wichtige Dokumente vermissen lässt, wird Pater Anselm mit einigen Ungereimtheiten konfrontiert. So verliert sich in den Unterlagen die Spur des zum Tode verurteilten Deserteurs Joseph Flanagan, an dessen Exekution Bruder Herbert Zeit seines Lebens schwer zu tragen hatte.

Wie sich herausstellt, konnte es am Tatbestand der unerlaubten Entfernung von der Truppe keinen Zweifel geben, womit die Verurteilung des Soldaten Flanagan absolut rechtens war. Allerdings geschah diese nicht nur seitens Captain Moores in der Hoffnung auf eine Umwandlung der Todes- in eine Haftstrafe, wie in derartigen Fällen üblich. Doch in einer entscheidenden Phase des Krieges wollte die Obrigkeit ein blutiges Exempel statuieren und ließ keine Milde walten. Herbert musste fortan neben den Gräueln, die er an der Front erlebte, auch mit der Gewissheit fertig werden, einen Mann zur Exekution verurteilt zu haben, der sein Leben für ein hehres Ziel aufs Spiel setzte. Durch seinen Tod verhalf Flanagan nämlich einem anderen zur Flucht in eine glückliche Existenz.

Ganz behutsam entfaltet William Brodrick vor dem Hintergrund der drastischen Grauenhaftigkeit des Krieges das Geheimnis um "Das Schweigen des Mönchs". Anhand von Berichten aus der Sicht der am Geschehen von 1917 Beteiligten und den Ergebnissen der Nachforschungen Pater Anselms erzählt Brodrick eine aufwühlende Geschichte von Schuld und Sühne, welche die ganze Tragik der menschlichen Existenz einzufangen vermag. Auch wenn es sich nicht um einen realen Fall aus dem Ersten Weltkrieg handelt, sind die dargestellten Ereignisse außergewöhnlich gut recherchiert, was dem Roman eine emotionale Bannkraft verleiht, die den Leser direkt in das Niemandsland der Frontlinie und die Gefühlswelten der Soldaten hineinzieht.        

Christian Götz
31.01.2011

 
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Das Buch:

William Brodrick: Das Schweigen des Mönchs. Kriminalroman. Aus dem Englischen von Ulrike Bischoff

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Berlin: List Verlag 2010
430 S., € 9,95
ISBN: 978-3-548-60996-6

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