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Krimis & Thriller

Seelenlos in New York

Erik und Winnie Steinbeck landen in New York "mit vollgepackten Koffern, aber leeren Herzen". Mit dieser Feststellung beginnt Erfolgsautor H?kan Nessers neuester Roman "Die Perspektive des G?rtners". Vierzehn Monate zuvor war die gemeinsame Tochter Sara vor den Augen des Vaters entf?hrt worden. Viele Spuren waren verfolgt worden, jedoch allesamt ohne Erfolg. Daher hatten Erik und Winnie den Entschluss gefasst, im Trubel von New York einen Neuanfang zu wagen: Erik w?rde wieder beginnen zu schreiben, w?hrend Winnie sich ihrer Malerei widmen w?rde. Doch Winnie hat im Hintergrund f?r sich bereits ganz andere Pl?ne geschmiedet.

Im ersten Teil des vorliegenden Buches beschreibt Nesser im steten Wechsel die Situation der beiden Neuank?mmlinge im Big Apple und die Kennenlernphase von Erik und Winnie einige Jahre zuvor. Dabei verwendet Nesser einen Romantitel aus der Feder des Protagonisten Erik als Vorlage f?r den Titel seines eigenen Krimis: "Die Perspektive des G?rtners" ist derjenige Roman Eriks, bei dessen Lesung sich er und Winnie zum ersten Mal begegneten. Bereits in "Mensch ohne Hund" hatte Nesser sein Buch nach einem darin vorkommenden Titel eines Hauptdarstellers benannt. Nesser-Fans werden auch bei der Geschichte von Winnie und Erik an fr?here Werke Nessers erinnert werden: Die Familie Steinbeck verbrachte n?mlich einige Jahre in Maardam, dem fiktiven Ort, in dem schon die f?r Nessers gro?e Popularit?t verantwortlichen Van-Veeteren-Romane spielten.

In "Die Perspektive des G?rtners" bemerkt Erik im Laufe der Zeit mehr oder minder zuf?llig, dass Winnie ihm etwas vorenth?lt. Er sieht Winnie hier und da durch die Stra?en New Yorks eilen, was sie auf seine Nachfrage hin doch stets bestreitet. Doch nachdem Winnie ihn eines Tages verl?sst, begibt sich Erik auf die Suche nach ihr und Sara. Schlie?lich hat Winnie in ihrem Abschiedsbrief erw?hnt, dass es um Sara gehe. Bei dieser Suche weisen ein pensionierter Privatdetektiv und eine Parapsychologin Erik den Weg.

Bei dem vorliegenden Roman handelt es sich um keinen Serienroman Nessers. Der sechzigj?hrige Schwede begr?ndet seinen Erfolg in Deutschland insbesondere auf seinen Van-Veeteren-Krimis, die er nach elf B?chern vor einigen Jahren beendet hatte, und auf den aktuellen Romanen um Inspektor Gunnar Barbarotti, von denen bis dato drei sehr erfolgreiche Titel ver?ffentlicht worden sind. Daneben hat er mit "Kim Novak badete nie im See Genezareth" unz?hlige Leser begeistert, und das nicht nur wegen des grandiosen Titels.

Nesser, bekannt f?r Intensit?t und atmosph?rische Dichte in seinen Romanen entwickelt in "Die Perspektive des G?rtners" dieses Mal das unterbewusste Grauen, das f?r seine Werke so typisch ist, nicht so sp?rbar und konsequent wie sonst. Lange pl?tschert das Buch vor sich hin, bevor im Showdown der Spannungsbogen enorm anzieht. Ein gl?ckliches Ende, wenn auch mit tragischen Z?gen, entspricht ebenfalls nicht der standardm??igen Erwartungshaltung eines Nesser-Kenners. Die St?rke im vorliegenden Buch liegt vielmehr in der brillant transportierten Seelenlosigkeit des Lebens von Winnie und Erik nach dem Verschwinden ihrer Tochter Sara. Das Fehlen eines Lebensinhalts wird f?r den Leser greifbar und l?sst ihn schockiert zur?ck. Somit hat sich H?kan Nesser mit seinem neuesten Roman dem Leser g?nzlich anders gen?hert als sonst, ihn letztlich aber doch wie gewohnt in Schockstarre und Sprachlosigkeit versetzt.

F?r Fans von H?kan Nesser findet sich am Ende der vorliegenden Ausgabe vom btb Verlag noch die gute Nachricht, dass die Zeit des Wartens bald ein Ende finden wird: "Die Wahrheit ?ber Kim Novak und den Mord an Berra Albertsson" wird im November diesen Jahres erscheinen und auf 80 Seiten wird endlich verraten, wer in "Kim Novak badete nie im See Genezareth" "Kanonen-Berra" ermordet hat.

Christoph Mahnel
06.09.2010

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