Krimis & Thriller

Ein neuer Fall für Hauptkommissar Robert Marthaler

Im Jahre 1966 geschieht in Frankfurt ein grausamer Mord: Die Prostituierte Karin Niebergall, geborene Rosenherz, wird in einer heißen Augustnacht erstochen in ihrer Wohnung aufgefunden. Parallelen zum Fall Nitribitt sind unübersehbar. Die Edelprostituierte Rosemarie Nitribitt wurde neun Jahre zuvor gleichfalls brutal getötet, aber ihr Mörder konnte nie ausfindig gemacht werden. Dementsprechend steht die Frankfurter Polizei nun unter besonders großem Druck, denn ein weiterer Fehler darf dem Staatsanwalt Traugott "Terry" Köhler nicht passieren. Doch bislang tappen die Ermittler im Dunkeln.

40 Jahre später: Die "Akte Rosenherz" wurde inzwischen ungelöst ad acta gelegt und verschimmelt seit Jahrzehnten als ungelöster Mordfall im Hessischen Hauptstaatsarchiv. Hauptkommissar Robert Marthaler hat derzeit allerdings ganz andere Sorgen, als den alten Fall neu aufzurollen: Seine schwangere Freundin Tereza wird Opfer eines Kunstraubes und wird dabei lebensgefährlich verletzt. Eigentlich sollte sie das berühmte Gemälde "Paradiesgärtlein" als Leihgabe nach Budapest bringen, doch auf dem Weg wird der Transporter von zwei Motorradfahrern überfallen. Anstatt seinen Kollegen die Arbeit zu überlassen, rumzusitzen und Däumchen zu drehen, will sich Marthaler daran machen, die Mörder dingfest zu machen. Dabei helfen will ihm Arne Grüter, berüchtigter Reporter beim Klatschblatt "City-Express".

Marthaler erfährt von Grüter, dass der Überfall und der 40 Jahre zurückliegende Mord an Karin Niebergall im Zusammenhang zueinander stehen. Um der Sache auf dem Grund zu gehen, benötigt Marthaler allerdings die Akte Rosenherz - jene Akte, die nie wirklich geschlossen werden konnte. Der Mörder läuft immer noch frei herum. Doch schon von Anfang an werden Marthaler Steine in den Weg gelegt: Weder bei der zuständigen Staatsanwaltschaft noch im Hessischen Hauptstaatsarchiv ist die Akte aufbewahrt. Das einzige noch existierende Exemplar befindet sich in den Händen von Anna Buchwald, einer aufstrebenden Journalistin, die ein reges Interesse am Leben der Karin Niebergall zu haben scheint. Nur wenn Marthaler und Anna zusammenarbeiten, können sie nicht nur die Akte Rosenherz als gelöst schließen, sondern auch die Kunsträuber dingfest machen.

Was beide allerdings nicht ahnen: Sie begeben sich mit ihren Recherchen in einen schier undurchdringlichen Sumpf aus Korruption, Erpressung und Gewalt, der tief in die höchsten Kreise hineinreicht. Es verschwinden einst abgefasste Verhörprotokolle aus der Akte und ein Informant wird erschlagen aufgefunden. Als dann auch noch das Skelett einer lang vermissten Frau an den Ufern eines Sees gefunden wird, müssen beide erkennen, dass sie es mit äußerst mächtigen Gegnern zu tun haben. Und sie scheint nichts aufzuhalten, um für alle Zeit die Akte Rosenherz geschlossen zu lassen.

Mit "Ein allzu schönes Mädchen" (2006) eröffnete Jan Seghers die Krimireihe um den eigenbrötlerischen Hauptkommissar Robert Marthaler. Es folgten "Die Braut im Schnee" (2007) und "Partitur des Todes" (2008). Und auch in seinem vierten Kriminalroman dieser erfolgreichen Reihe, "Die Akte Rosenherz", bedient sich der hessische Autor seines Pseudonyms - im Übrigen eine Hommage an Anna Seghers und einen einstmals populären Radrennsportler. Und auch diesmal wieder macht Seghers seiner berühmten Namensgeberin alle Ehre - trotz der Unterschiedlichkeit der literarischen Genres und Themen beider Autoren. Die Verleihung des Offenbacher Literaturpreises "Schriftsteller im Bücherturm" (2008) und des "Burgdorfer Krimipreises" (gleichfalls 2008) sprechen eigentlich schon für sich allein und doch gibt es noch weitaus mehr Gründe, zur nächsten Buchhandlung zu gehen und das Buch anschließend in den heimischen vier Wänden lesend zu verschlingen.

Seghers gelingt es bereits auf den ersten Seiten, seine Leser in einen Bann zu ziehen, der sich durch sämtliche Buchseiten zieht und einen selbst nach der Beendigung der Lektüre nicht loszulassen vermag. Dabei verwebt Seghers so geschickt Vergangenheit mit der Gegenwart, Realität mit Fiktion, dass aus einer längst vergessenen "Begebenheit" ein atmosphärisch dichter, von Lokalkolorit durchwirkter Kriminalroman entstand. Vergleiche mit dem schwedischen Erfolgsautor Henning Mankell sind dabei nicht von der Hand zu weisen, dessen Ermittler Kurt Wallander einen Kultstatus aufzuweisen hat, wie ihn Seghers "Held" Robert Marthaler spätestens nach "Die Akte Rosenherz" gleichfalls innehaben wird. Da bleibt nur zu hoffen, dass der fünfte Fall nicht allzu lange auf Hauptkommissar Marthaler warten lässt, denn ein Jahr des Wartens auf ein neues Buch kann manches Mal sehr, sehr lang werden.

Susann Fleischer
06.04.2010

 
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Das Buch:

Jan Seghers: Die Akte Rosenherz

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Reinbek: Wunderlich Verlag 2010
480 S., € 19,95
ISBN: 978-3-8052-0848-2

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