Krimis & Thriller

Vom besten Freund zum schlimmsten Albtraum

Martin Sander sitzt im Auto und wartet - es könnte ganz idyllisch sein, eine Wohnsiedlung mit "Wohlfühlgarantie", wie er sagt. Das, worauf er wartet, ist Fritz, sein ehemals bester Freund, der nun sein Erzfeind ist. Doch er ist nicht gekommen, um sich auszusprechen, nein, dafür ist zu viel passiert. Er ist gekommen, weil dies der letzte Tag in Fritz' Leben ist - und er, Martin, wird sein Mörder sein. An einem lässt er keinen Zweifel: Rache ist ein starkes Motiv, und Martin ist sich seiner Sache mehr als sicher. Er hat noch ein bisschen Zeit, denn Fritz ist noch nicht zu Hause. Martin nutzt die Gelegenheit, um uns, dem Leser, seine Geschichte von Anfang an zu erzählen ...

Was muss passieren, damit aus dem besten Freund der Mensch wird, den man am meisten verachtet? Dem man nicht nur den Tod an den Hals wünscht, sondern fest entschlossen ist, ihn herbeizuführen? Martins Geschichte, oder besser gesagt, die Geschichte der Beiden, beginnt in den 1960er Jahren, und es entspannt sich eine Story, die Jahrzehnte überdauert und von Martin selber quasi aus dem Off erzählt wird. Fast möchte man sich an Klassiker der Film-Noir-Ära erinnert fühlen, wie "Frau ohne Gewissen" oder "Opfer der Unterwelt", aber auch spätere Rachethriller wie "Point Blank - Keiner darf Überleben". Hier wie dort ist der Protagonist am Anfang bereits am Ende - und wem alles genommen wurde, der hat nichts mehr zu verlieren. Ein weiteres klassisches Motiv ist, dass der Protagonist unverschuldet in etwas hineingeraten ist, was ihn am Ende um alles bringt, was ihm lieb ist. Unfähig, die Vergangenheit und sein Schicksal zu ändern, gibt es nur noch eines, was ihm bleibt: Rache!

Auslöser, nicht jedoch Thema des Buches, ist die Fehlbarkeit der deutschen Justiz: In einem Land mit funktionierendem Justizsystem hat man eigentlich nichts zu befürchten, wenn man unschuldig ist - sollte man zumindest meinen. Dass Justitia zuweilen auf beiden Augen blind ist und der Gerechtigkeit alles andere als Genüge getan wird, wird dabei schnell vergessen. Und der Autor muss es wissen, schließlich arbeitet er seit über 30 Jahren selbst als Rechtsanwalt. Dass er in der Zeit schon Einiges gesehen hat und weiß, wovon er spricht, merkt man seinem Debüt-Thriller an: Alles wirkt höchst überlegt und authentisch, an keiner Stelle zweifelt der Leser daran, dass man selbst der nächste sein könnte.

Denn am Ende ist es doch so: Wenn sich erst mal jemand gegen dich verschworen hat und er es darauf anlegt, wird ganz schnell auch der beste Freund zu deinem schlimmsten Albtraum - aber du vielleicht auch zu seinem ...

Gerrit Koehler 
20.03.2023

 
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Das Buch:

Dietmar Götz: Freunde zum Sterben

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Offenbach: Weimarer Schiller-Presse 2022 288 S., € 22,80 ISBN: 978-3-8372-2607-2

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