Krimis & Thriller

Ein Lesehit , der nicht nur Krimifans über alle Maßen erfreuen wird

Sie hat einen Menschen erschossen. Im Dienst und aus Notwehr, das hat sie schwarz auf weiß. Doch Chefinspektorin Sigrid Ødegård kommt über den Vorfall nicht hinweg. Denn in Norwegen schießt die Polizei keine Leute tot. Schließlich ist Skandinavien nicht die USA, wo auf hundert Einwohner 101 Waffen kommen und es mehr Massenschießereien als Tage im Jahr gibt. Sigrid, geplagt von Schuldgefühlen, beschließt, die Flucht zu ergreifen. Sie will ihren Bruder Marcus besuchen Seit zwanzig Jahren wohnt und arbeitet er in Watertown, nahe an der kanadischen Grenze. Sein Geld verdient er als Collegeprofessor. Auch wenn er sich mit seinem Job nicht sonderlich gut über Wasser halten kann, geht er gerne zu seiner Arbeit, nicht zuletzt wegen Lydia. Die beiden sind ein Paar bzw. waren es vor ein paar Wochen noch.

Nach einem achtstündigen Flug über den großen Teich wird Sigrid nicht nur mit dem Cowboyhut und Stiefel tragenden Sheriff Irv Wylie konfrontiert, sondern auch damit, dass Marcus wegen Mordes gesucht wird. Er soll seine Freundin Lydia vom Dach der städtischen Universität gestoßen haben. Als Marcus bei 911 anruft, stammelt er: "Ich bin schuld, ich bin schuld." Während Irv und seine Kollegen dies als Geständnis werten, verfolgt Sigrid eine andere Theorie. Kann es sein, dass Lydia tatsächlich gesprungen ist, weil sie mit dem "Mord" an ihrem Neffen nicht klar kam? Der Teenager wurde vor zwei Monaten das Opfer eines Polizisten, weil der sich bedroht glaubte. Sigrid begibt sich auf Spurensuche. Ihr immer dicht auf den Fersen ist Irv. Der steht unter Ermittlungsdruck, seitens Vorgesetzter und Medien.

Sigrid nimmt sich dieses Falls an. Nebenbei muss sie sich mit der harten Realität in den USA auseinandersetzen. Es ist Wahlsaison, 2008, und Sigrid besucht ein Land, das tief gespalten ist, wo Rasse und Identität, Politik und Versprechen in jedem Aspekt des täglichen Lebens widerhallen. Gemeinsam mit Irv muss sie die lokalen politischen Minenfelder irgendwie umschiffen und durch die Wälder der Adirondacks navigieren, um die Wahrheit aufzudecken, bevor die Ereignisse weiter eskalieren. Trotz aller Probleme: Einmal mehr beweist Sigrid, dass sie verdammt gut in ihrem Beruf ist, egal wie mörderisch es auch zur Sache gehen mag ...

Literatur, so herrlichst amüsant, dass man sich vor lauter Lesebegeisterung gar nicht mehr einkriegt - die Geschichten von Derek B. Miller bringen einen schier zum Ausflippen. Langweilig wird es bei deren Lektüre garantiert nicht. "Sigrid Ødegårds Reise nach Amerika" steckt voller Unterhaltung weit jenseits des Mainstreams. Solch ein Lesegenuss überrascht ab der ersten Seite, und zwar mit einer großen Portion Humor, aber auch Tiefgang. Und damit nicht genug: Man lernt die Vereinigten Staaten von ihrer wahren Seite kennen, und ebenso die Seele der US-Amerikaner. Der Autor macht Lesenachmittage, -abende, -wochenenden zu einem Event, wie es selbst einem Fredrik Backman nicht aufregender gelingen könnte. Millers Bücher sind ein Muss für jeden. Sie entlocken uns einen lauten Freudenjauchzer nach dem anderen.

Derek B. Millers Romane zeugen von außergewöhnlich, außerordentlich genialer Erzählkunst bis zum letzten Satz. Diese sind ein Lektürehighlight von größter Seltenheit. Was man mit "Sigrid Ødegårds Reise nach Amerika" in die Hände kriegt, übertrifft (fast) alles, was in den letzten Jahren auf dem Buchmarkt erschienen ist. Zwischen zwei Buchdeckeln steckt Unterhaltung, die einen mindestens so sehr berauscht wie Drogen. Ein besseres Lesevergnügen gibt es definitiv nicht. Die Story macht Spaß wie kaum etwas anderes.

Susann Fleischer
17.09.2018

 
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Das Buch:

Derek B. Miller: Sigrid Ødegårds Reise nach Amerika. Aus dem Englischen von Jan Schönherr

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Reinbek: Rowohlt Polaris Verlag 2018
416 S., € 14,99
ISBN: 978-3-499-27428-2

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