Kinder- & Jugendbücher

Ein ergreifend-schönes Plädoyer für Mitmenschlichkeit und Zivilcourage

Ein kleines, beschauliches Dorf in Pennsylvania, Herbst 1943: Annabelle (12) hat zwei kleinere Brüder, Henry (9) und James (7), auf die sie oft aufpassen muss. Der Vater ist Farmer, die Mutter kümmert sich zusammen mit den Großeltern um den Haushalt. Eine ledige Tante betreibt die Poststelle im Ort und wird von der Familie trotz ihrer oft rigiden Ansichten wohlwollend toleriert. Das Leben ist einfach, aber es fehlt Annabelle und ihrer Familie an nichts. Die Gemeinschaft im Dorf funktioniert. Seit die USA gegen Nazideutschland in den Krieg gezogen sind, hängt aber eine unsichere Stimmung auch über dieser ländlichen Gemeinschaft. Und der schon seit Jahrzehnten dort lebende Deutsche Mr. Anselm sieht sich immer wieder Anfeindungen ausgesetzt.

Für Annabelle ändert sich ihr Leben schlagartig, als Betty in den Ort zieht. Bettys Mutter kam mit ihr nicht mehr klar, nachdem der Vater verschwunden ist. Betty bereitet Annabelle die Hölle auf Erden: Gleich am ersten Tag beginnt sie Annabelle zu bedrohen und versucht sie einzuschüchtern. Erst ist es ein Stock, der Annabelle trifft, dann die Hand, die sich um den Hals eines Vogels schließt, und schließlich der gespannte Draht, der für James lebensbedrohlich wird. Grundlos schürt Betty Vorurteile, verbreitet Angst und setzt falsche Anschuldigungen in die Welt. Alle sind froh, wenn sie und der Bauerssohn Andy, mit dem sie sich angefreundet hat, nicht in die Schule kommen, insbesondere Annabelle. Es ist das Jahr, in dem Annabelle lügen lernt.

Zum Glück gibt es Toby. Er spricht nicht viel, sieht aber alles, was in der Umgebung geschieht. So wird er auch Zeuge mehrerer schlimmer Vergehen, die Betty in der Folgezeit begeht. Annabelle und ihre Mutter unterstützen den ehemaligen Soldaten, der im Ersten Weltkrieg Schlimmes erlebt hat und seitdem mit seiner Schuld kämpft. Dann gerät Toby in Verdacht, jenen Stein geworfen zu haben, der Mr. Anselm galt, jedoch Annabelles Schulfreundin Ruth traf und ihr ein Auge gekostet hat. Als Betty plötzlich verschwindet und alle Finger auf Toby zeigen, nimmt Annabelle ihren ganzen Mut zusammen und versucht, seine Unschuld zu beweisen ...

Die Bücher von Lauren Wolk sind absolute Highlights in jedem Bücherregal. Diese zeugen von Emotionen und von ganz hoher Schreibkunst. "Das Jahr, in dem ich lügen lernte" ist so gut, dass es einen nach nur wenigen Sätzen glatt umhaut. Während der Lektüre kämpft man immer wieder mit den Tränen und schüttelt entsetzt den Kopf darüber, was passiert. Die Worte der US-amerikanischen Autorin dringen mitten ins Herz. Bereits auf Seite sieben droht es einem zu brechen. Was man hier zwischen zwei Buchdeckeln findet, ist Gefühlskino aus der Feder einer Sally Nicholls. Unterhaltung ist selten so schön, so betörend, so brillant wie mit Wolks Geschichten. Nach diesem Lesegenuss ist nicht mehr wie noch Stunden zuvor. Dieses Buch verändert Leben!

Wow, wow, wow - was für ein Lesewahnsinn! Mit "Das Jahr, in dem ich lügen lernte" gelingt Lauren Wolk ein großer Überraschungshit in der Jugendliteratur. Was man hier in die Hände kriegt, ist ein schonungslos und zugleich wunderschön erzählter Roman über die Bedeutung von Freundschaft und Gerechtigkeit. Grandios!

Susann Fleischer
18.04.2017

 
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Das Buch:

Lauren Wolk: Das Jahr, in dem ich lügen lernte. Aus dem Englischen von Birgitt Kollmann

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München: Carl Hanser Verlag 2017
272 S., € 16,00
ab 12 Jahren
ISBN: 978-3-446-25494-7

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