Kinder- & Jugendbücher
Die Natur mit anderen Augen sehen
In den tiefen Ozeanen, den tropischen Regenwäldern und den brütend heißen Wüstenlandschaften der Erde gibt es für kleine - aber auch große - Entdecker unendlich viel zu erforschen und zu lernen. Die Tier- und Pflanzenwelt auf dieser Erde umfasst Millionen verschiedener Arten, von denen bisher jedoch nur ein Teil erforscht und wissenschaftlich beschrieben wurde. Für Kinder bietet die Flora und Fauna unseres Planeten ein schier unendliches Gebiet für tägliche Neuentdeckungen. Mit dem aus dem angelsächsischen Raum stammenden Werk "Schätze der Natur. Ein Lexikon über Tiere, Pflanzen und Lebensräume" von Amanda Wood und Mike Jolley kann die Neugier der jungen Leser und Forscher gestillt werden - zumindest auf dem Papier.
Die beiden Autoren Wood und Jolley geben auf rund 100 Seiten einen Überblick über alles, was auf diesem Planeten lebt, atmet, wächst und gedeiht. Dabei sind die meist doppelseitig angelegten Themenseiten oder Bildtafeln, wie sie im Buch genannt werden, in drei Kategorien einzuteilen. Entweder sie erklären Lebensräume oder sie stellen einzelne Tiere und Pflanzen bzw. Tier- oder Pflanzenarten dar oder sie befassen sich mit dem Verhalten von Tieren und ihren Fähigkeiten, sich an ihre Umgebung anzupassen. Zu welcher Kategorie eine der insgesamt 67 Bildtafeln gehört, gibt die farbige Kennzeichnung am Seitenrand an. Möchte man z. B. nur etwas über die Lebensräume von Tieren und Pflanzen lesen, sollte man nur die gelbmarkierten Seiten betrachten.
Doch dieser Wissensschatz über Flora und Fauna lässt noch weitere Lesarten zu. Natürlich ist das chronologische Lesen und Betrachten von der ersten bis zur letzten Seite auch eine Option, doch ist eine andere Lesart vielleicht die spannendere. Die einzelnen Seiten haben neben einer farbigen Markierung auch noch Hinweise auf andere Seiten, die thematisch zu der gerade gelesenen passen. So kann man z. B. von der Frage "Was ist ein Vogel?" zu den verschiedenen Eulenarten und von dort zu einer Seite, auf der alle möglichen Federarten vorgestellt werden, gelangen.
So vielfältig wie die Lesarten ist das gesamte Buch auch thematisch. Man kann etwas über die verschiedenen Ökosysteme, den Kampf ums Überleben, die Verbreitungsweise von Samen und die Photosynthese lernen oder sich in so spezielle Themen wie das Leben in einem Bienenstaat, verschiedene Nestarten oder Spinnen und ihre Netze vertiefen. Dabei kommt das gesamte Buch ohne Fotografien aus und wird optisch von den fantastischen Zeichnungen von Owen Davey getragen, die keinerlei Wünsche nach Fotos aufkommen lassen.
Was hier als Lexikon bezeichnet wird, ist so viel mehr als ein Nachschlagewerk, das für viele Kinder immer eher den Beigeschmack des Langweiligen hat. In großem Format und in jeder Hinsicht hochwertiger Ausstattung präsentiert sich das Werk, das für Kinder ab sieben Jahren geeignet ist. Das selbstbestimmte Stöbern, Nachschlagen und Entdecken ist jederzeit geprägt von spannenden und manchmal auch überraschenden Informationen, die vor allem eines klar machen: Alle Lebewesen und Pflanzen auf diesem Planeten sind voneinander abhängig und leben in einem sehr komplexen System. Mit diesem Buch lernt man als junger Leser, die Natur mit anderen Augen zu sehen, genauer hinzuschauen und nicht alles als selbstverständlich hinzunehmen - und: zu erkennen, dass der Mensch die größte Gefahr für die Natur, diesen Planeten und letztendlich auch für sich selbst ist.
Sabine Mahnel
24.10.2016