Kinder- & Jugendbücher

Eine moderne Fabel mit Gefühl und Tiefgang

Häschen aus dem Großen Wald ist immer für eine Überraschung gut. So erschoss er bei seinem ersten großen Abenteuer den allseits gefürchteten Sheriff und befreite seine Familie und alle anderen Tiere vom Tyrannen. Diese Episode aus dem Leben des kleinen Hasenjungen hatte allerdings unerwartete Auswirkungen, denn er und seine besten Freunde und Fürsprecher mussten ihre geliebte Heimat verlassen, um woanders, genauer gesagt auf Mallorca, ein neues Leben anzufangen. Davon erzählt das zweite Abenteuer "Als Häschen den Käpt´n absetzte" So viel sei an dieser Stelle bereits verraten: Dieses Mal wendet sich der Hase gegen Matze Bär, der ihn einst vor großer Gefahr bewahrte.

Häschen und seine engsten Freunde haben den Großen Wald verlassen und sind mit einem Floß auf dem Weg in den Süden, wo sie sich ein besseres Leben erhoffen. Auf der Mittelmeerinsel Mallorca wollen sie ihr Glück versuchen. Der alte Matthias hofft auf einen ruhigen Lebensabend mit seinem Sohn Matze Bär. Je weiter die Tiere den Fluss Richtung Meer hintreiben, umso mehr fängt ihr Herz in froher Erwartung an zu hüpfen. Doch dann findet die Vorfreude ein jähes Ende, als es zu einem bösen Zwischenfall kommt. Als die Tierkinder an Land gehen, entfernt sich das Schweinemädchen Porky unerlaubterweise von der Gruppe und trifft auf den Stier Tauro, der kurz zuvor von seinem Vater verstoßen wurde, und auf das Auerhühnchen Poulette, die der vielen Arbeit in der Familienkonditorei entfliehen möchte. Und so kommt es, dass Porky seinen zwei neugewonnenen Freunden einen Platz auf den Floß verspricht - allerdings ohne dies mit Käpt´n Matze Bär abgesprochen zu haben.

Es kommt, wie es kommen muss: Matze Bär verweigert den zwei Neuen den Zugang auf das Floß. Erst als Häschen sich auf ihre Seite stellt und damit gegen seinen Käpt´n, dürfen sich Tauro und Poulette auf eine abenteuerliche Flussfahrt freuen, an deren Ende für sie eine neue Zukunft steht. Doch der Preis dafür ist hoch, denn diese Entscheidung ist ein Zeichen der Ablehnung von Matze Bär. Es bleibt dem ehemaligen Kapitän wohl nichts anderes übrig, als die Kinder allein fortziehen zu lassen und an Land sein Glück zu versuchen. Doch er ist nicht allein, denn sein Vater Matthias und die Fuchsbrüder Bodo und Joachim stehen ihm treu zur Seite - zum Unglück für die Kinder, die sich fortan ohne die Großen und Starken den Gefahren stellen müssen. Und davon gibt es reichlich, denn Poulettes Weggang ruft bei ihrem Vater, einem ausgewachsenen Auerhahn, allerlei Unmut hervor.

Mit "Als Häschen den Käpt´n absetzte" legt Andrea Hensgen nun das zweite Abenteuer um den (wage-)mutigen kleinen Hasenjungen vor, das an eine Fabel mit ganz viel Gefühl und Tiefgang erinnert. Die Geschichte besitzt eine kräftige Portion Freibeutergeist à la "Meuterei auf der Bounty", großes Abenteuerfeeling nach bester Tom-Sawyer- und Huckleberry-Finn-Manier und einen Hauch von "Madagascar" - und verspricht mit dieser Mischung ein Lesevergnügen der tierischen Art. Bei der Lektüre muss man mal lachen, mal weinen und runzelt auch mal des Öfteren die Stirn über Häschens Hochmut. Solch ein Gefühlswirrwarr erlebt man sonst nur in großen Romanen, die Erwachsenen Unterhaltung schenken. "Als Häschen den Käpt´n absetzte" schafft es bei Kindern, die gute Geschichten zu schätzen wissen, mit einer bildreichen Sprache zu überraschen und dabei so aufregend zu sein wie ein guter Krimi.

Susann Fleischer
27.09.2010

 
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Das Buch:

Andrea Hensgen: Als Häschen den Käptn absetzte. Mit Illustrationen von Aljoscha Blau

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Berlin: Jacoby & Stuart Verlag 2010
182 S., € 12,95
ab 9 Jahren
ISBN: 978-3-941787-17-9

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