Kinder- & Jugendbücher

Die heilende Kraft der Phantasie

Die zwölfjährige Lilly und ihr achtjähriger Bruder Peter leben im Sommer 1945. Ihre Mutter ist bereits tot. Eines Tages kehrt ihr Vater Ernst nach zwei Jahren aus dem Krieg zurück. Lilly und Peter wurden die ganze Zeit über von Maxi, Peters Ärztin, versorgt und betreut. Doch Peter ist unheilbar krank und sein Zustand verschlechtert sich immer weiter. Lilly überlegt sich eine Geschichte für ihren Bruder, um ihn abzulenken, seine Zeit zu füllen, ihm eine Freude zu bereiten. Sie erfindet das Land Emuar. Jeden Abend vor dem Schlafengehen erzählt sie Peter von dem Land und seinen Bewohnern. Doch eines Tages erfährt der Vater davon und verbietet den Kindern die Geschichte. Er ist überzeugt, dass Traumwelten nur schaden. Verbittert durch den Krieg, will er nicht, dass seine Kinder Träumen hinterherjagen.

Er übersieht dabei, dass die Geschichte um Emuar seinem Sohn sehr guttut, er sogar hin und wieder aufstehen kann. Lilly beschließt heimlich, dass sie jede Nacht eine Stunde zu Peter gehen wird, um die Geschichte weiter zu erzählen. Sie widersetzt sich dem Vater, weil sie spürt, dass es Peter mit ihren Erzählungen besser geht. Und so sind sie Nacht für Nacht sehr vorsichtig und leise und hüten ihr Geheimnis. Doch eines Tages kommt der Vater einmal später nach Hause und sieht Licht in Peters Zimmer. Er überrascht beide und es kommt zu einem handfesten Streit, bei dem Lilly die Treppe hinunterstürzt und ins Koma fällt.

Doch in der Phantasie besteht das Leben und Treiben in Emuar weiter: Gabriel, ein junger Bauerssohn, hat früh seine geliebte Mutter verloren und lebt bei seinem Großvater am Rande des gefürchteten dunklen Waldes. Gabriel ist im Dorf nicht sehr beliebt. Wann immer man ihm etwas unterschieben kann, wird es getan. Oft geschieht ihm Unrecht und Gabriel wird immer unglücklicher. Eines Tages, als er wieder einmal beschuldigt wird, etwas falsch gemacht zu haben, flieht er. Er verlässt das Dorf und geht hinüber in den großen Wald, vor dem alle Angst haben, dem alle dunkle Kräfte zusprechen.

Gabriel trifft dort auf Nelan, ein Eichhörnchen, welches ihm den Weg zu einem Zentauren weist. In diesem Wald sprechen alle Tiere und der Wald lebt und ist nicht düster und beängstigend, ganz im Gegenteil. Gabriel lernt Einhörner kennen, Eichen und andere Zentauren. Sie erzählen von Zauberern, die den Wald verzaubert hätten, und von einer weißen Wölfin, an die alle glauben, die aber scheinbar verschwunden ist. Gabriel hat eigentlich nur eines im Sinn: Er möchte wissen, warum seine Mutter getötet wurde und wer das getan hat. Man sagt ihm, dass Elenja, die Wölfin, ihm alle Fragen beantworten könnte. Er solle nur seinen Weg gehen und irgendwann würde sie ihm erscheinen, solange er nur an ihre Existenz glaubt. Gabriel geht diesen Weg mit ein paar Freunden und erlebt mehrere Abenteuer. Er begibt sich in Gefahr, rettet Leben, findet Freunde und ganz zum Schluss begegnet er Elenja und bekommt alle Antworten auf seine quälenden Fragen. Aber nicht ohne eine letzte Schlacht überstehen zu müssen...

Der kurzweilige Roman "Emuar" von Kristin H. Szymszak mag auf den ersten Blick nur für Kinder und Jugendliche geschrieben worden sein, doch er birgt so viel mehr. Erwachsene können sehr viel lernen über Träume. Und über den Glauben, der Berge versetzen kann. Wie oft steht man sich selbst im Weg. Wie oft verbieten Erwachsene den Kindern etwas, weil die eigene Erfahrung es ihnen so gebietet. Kinder müssen träumen, ihren eigenen Weg finden und ihr Glaube kann Wunder bewirken. Lassen wir sie in ihrer Welt! Dieses Buch zeigt, warum das so wichtig ist.

Tanja Küsters
23.11.2009

 
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Das Buch:

Kristin H. Szymszak: Emuar

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Frankfurt am Main: Weimarer Schiller-Presse 2009
114 S., € 8,90
ISBN: 978-3-8372-0420-9

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