Kinder- & Jugendbücher

Ein Traum wird wahr

An einem sonnigen Juninachmittag im Jahre 1896 findet die Köchin Ellie auf den Stufen einer Kirche ein Neugeborenes. Mit dem Vorhaben, das Mädchen in einem Wiener Kloster unterzubringen und dort gut versorgt zu wissen, fährt Ellie mit der Kleinen nach Hause, in die österreichische Hauptstadt Wien. Weil aber in der Stadt eine Typhus-Epidemie ausgebrochen ist, muss Ellie das Findelkind vorerst bei sich aufnehmen. Sie lebt und arbeitet bei drei schrulligen Professoren, die alles andere als begeistert sind von Ellies Plan. Aber es soll ja nur für eine kurze Weile sein - nur solange, bis keine Ansteckungsgefahr mehr besteht.

Zwölf Jahre später: Ellie hat es nicht übers Herz gebracht, das Findelkind einfach so wegzugeben. Stattdessen hat sie Annika adoptiert und zieht sie wie eine leibliche Tochter groß. Und Annika ist glücklich in Wien. Sie hat dort Freunde, auf die sie sich jederzeit verlassen kann, wird von Ellie und den drei Professoren geliebt und fühlt sich in ihrer Rolle als Dienstmädchen pudelwohl. Nur ein Wermutstropfen trübt Annikas Leben: Sie möchte so gerne ihre leibliche Mutter kennenlernen. Ein Traum, den jedes Findelkind schon einmal geträumt hat, der sich aber bisher leider noch nicht erfüllt hat. Dafür macht Annika allerdings eine andere nette Bekanntschaft: Sie lernt die Großtante der reichen Nachbarn kennen, die Annika so einiges aus ihrem Leben berichten kann. Sie erzählt aus ihrer Zeit am Theater und von den Geschenken - wie dem Stern von Kazan, einem kostbaren Schmuckstück -, die ihr Verehrer machten. Aber dann ist für Annika der Tag des Abschieds gekommen: Die alte Dame schließt für immer die Augen und lässt eine traurige Annika zurück.

Kaum hat Annika diesen Schock überwunden, da steht dem Mädchen eine neue Überraschung bevor: Annikas Traum erfüllt sich, als plötzlich ihre Mutter vor ihr steht. Frau von Tannnenberg ist gekommen, um ihre Tochter zum Familienschloss im kühlen Norden Deutschlands zu bringen. Und Annika geht mit ihr, während die Ziehmutter Ellie, die Professoren und Annikas Freunde zurückbleiben müssen. Das Leben auf dem Schloss gestaltet sich allerdings anders als erwartet: Die Räume werden nicht beheizt und die Wände, an denen einst Gemälde hingen, sind nun leer. Irgendein Geheimnis scheint die von Tannenbergs zu umgeben. Aber welches?

Eva Ibbotson lebte acht Jahre in Wien, bis sie 1933 als Kind nach Schottland emigrierte. Mit ihrem Kinderroman "Annika und der Stern von Kazan" begibt sie sich auf ihre eigene Zeitreise. Sie erzählt die Geschichte eines bezaubernden Mädchens, das man beim Lesen einfach liebgewinnen muss - ebenso wie die anderen Charaktere, die alle grundverschieden sind: Da sind die drei schrulligen Professoren, die warmherzige Ellie, der emsige Stephan, die ängstliche Pauline und der draufgängerische Zigeunerjunge Zed.

So ganz nebenbei erfährt man noch aufschlussreiche Details rund um das Wien des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts sowie vieles aus dem Leben von Kaiser Franz Joseph I. und einiges über die Tradition der Spanischen Hofreitschule. Ibbotson hat ein Kinderbuch geschaffen, dass eine erfundene Handlung mit historischen Ereignissen vermischt und zu einem tollen Leseerlebnis vereinigt. Wenn man dann die warmherzige Wiener Atmosphäre und die spannende, an manchen Stellen humorvolle Handlung hinzuzählt, verwundert es kaum, dass dieses Buch von der ersten bis zur letzten Seite lesend verschlungen wird.

Susann Fleischer
16.11.2009

 
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Das Buch:

Eva Ibbotson: Annika und der Stern von Kazan. Aus dem Englischen von Sabine Ludwig

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München: dtv 2009
448 S., € 7,95
ab 10 Jahren
ISBN: 978-3-423-71379-5

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