Kinder- & Jugendbücher

Beängstigender Fiebertraum eines kleinen Jungen

Die Geschichte von Jonathan und den Zwergen aus dem All beginnt wie ein Alptraum: Jonathan, ein kleiner Junge, kommt als erster nach Hause und findet eine Wohnung vor, die ihm noch leerer vorkommt als sonst. Die Telefonleitung ist tot, im Treppenhaus hört man kein Geräusch und auch draußen auf der Straße ist kein Mensch zu sehen. Alles wirkt wie ausgestorben. Natürlich bekommt es der Junge mit der Angst zu tun und fragt sich: „Wo stecken nur all die Menschen?“ Auch die Warnung, die der Junge, auf der Innenseite einer Bananenschale findet, „Hüte dich vor der gelben Gefahr!“, lässt nichts Gutes erwarten.

Die Ausgangslage in diesem Bilderbuch für Kinder präsentiert sich wie ein Szenarium aus einem eher beängstigend wirkenden Science-Fiction-Film, der keinen positiven, weiteren Fortgang der Handlung erwarten lässt. Der kleine, gelbe Zwerg, auf den Jonathan im weiteren Verlauf der Handlung trifft, wirkt ebenfalls nicht gerade vertrauenswürdig – zumal ihn dieser darüber aufklärt, was mit all den Menschen geschehen ist: Das gelbe Volk der Zwerge hat beschlossen den eigenen Planeten, namens Sykk, gegen die Erde einzutauschen, weil es auf Sykk keine Bananen gibt. Dementsprechend sollen alle Menschen mit einem riesigen Raumschiff auf den fremden Planeten geschickt werden. Ganz so grausam, wie es sich zunächst anhört, sind die Zwerge dann allerdings doch nicht, denn die Gefangenen haben im Raumschiff sogar Fensterplätze mit Klapptischen und sie bekommen Bananen und Joghurt, wenn sie höflich darum bitten! Rettung vor der anstehenden Reise ist allerdings nur durch ein recht eigenwilliges Würfelspiel möglich. Schafft es Jonathan, entgegen der Meinung des Zwerges, mit einem Würfel, auf dem nur Sechsen sind, eine Sieben zu würfeln und damit die Spielregeln zu Gunsten der Menschheit zu ändern, um somit nicht nur seine Eltern, sondern die gesamte Menschheit vor der Fahrt nach Sykk zu bewahren?

Zum Glück stellt sich spätestens am Ende der Geschichte zumindest für den Leser heraus, dass alles nur ein grausamer Fiebertraum war, der seine Ursache wohl in der Begebenheit hat, die in drei Bildern bereits vor dem eigentlichen Beginn der Geschichte erzählt wurde: Jonathan ist auf dem Weg nach Hause auf einer Bananenschale ausgerutscht. Nach einem solchen Sturz schwirrt einem natürlich der Kopf! Für Jonathan ist es allerdings auch nach dem Wiedersehen mit seinen Eltern kein Wunder, dass man Fieber bekommt, wenn man soeben alle Menschen auf der Welt vor der gelben Gefahr gerettet hat!

Zwar macht es Kindern wahrscheinlich am Ende des Buches Spaß zu entdecken, wie Jonathan verschiedene Gegenstände aus der Wohnung der Eltern in seinen Fiebertraum integriert hat und wie der Illustrator Peter Schössow diese Dinge, etwa ein Gemälde über dem Sofa, das an das Raumschiff erinnert, in Jonathans Traum verfremdet dargestellt hat. Doch der Weg zu dieser Erkenntnis ist lang und wird von heimtückisch grinsenden Zwergen, bedrohlich wirkenden Massenversammlungen des gelben Volkes und überdimensionierten, unüberwindbar wirkenden Leitern gesäumt. Dementsprechend dominieren trostlos wirkende Grautöne und immer wieder das bedrohliche Gelb der Zwerge.

Ungeeignet ist die Geschichte von Jonathan und den Zwergen aus dem All damit für Kinder im Vorlesealter, und auch Kinder, die schon selbst lesen können, sollten mit der eigenwilligen Lektüre nicht allein gelassen werden! Insbesondere für Erwachsene bietet jedoch vor allem das philosophisch anmutende Gespräch zwischen Jonathan und dem Zwerg einen Ansatzpunkt neu  über das Mögliche und Unmögliche nachzudenken!

Claudia Birk-Gehrke
22.09.2008

 
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Das Buch:

Jostein Gaarder: Jonathan und die Zwerge aus dem All. Mit Bildern von Peter Schössow. Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs

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München: Hanser Verlag 2008
46 S., € 12,90
ab 6 Jahren
ISBN: 978-3-446-23089-7

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