Kinder- & Jugendbücher

Alles hat zwei Seiten …

Loretta Lachmann, genannt Lola, ist ein außergewöhnliches, achtjähriges Mädchen mit rosaroten Haaren. Sie wohnt mit ihrer Mutter auf der "Erbse", einem Hausboot am Fluss. Seit ihr Vater sich in Luft auflöste, weigert sie sich zu wachsen, so dass sie nun einen Kopf kleiner als ihre Mitschülerinnen ist. Zudem hat sie einen permanenten Schmutzfleck am Hals, da sie diesen nicht mehr wäscht, seit der Vater ihr an genau diese Stelle einen letzten Kuss gegeben hat. So ungewöhnlich wie Lola selbst ist auch ihre Kleidung mit einem weißen und einem schwarzen Schnürsenkel an ihren Turnschuhen, die sie an den letzten Ausspruch ihres Vaters erinnern sollen, bevor er die Familie verließ: Alles hat zwei Seiten und Lola soll immer darauf achten, beide zu sehen. Doch damit tut sich Lola zu Beginn der Geschichte ganz schön schwer, insbesondere als auch noch Mamas neuer Freund Kurt auftaucht. Mit einem gemeinsamen Ausflug in den Zoo am Sonntag beginnt für Lola eine ereignisreiche Woche, die vieles in ihrem Leben verändert. Zum Glück gibt es noch den alten Fischer Solmsen, Lolas einzigen Freund mit seinen spannenden Geschichten und Lolas eigene kleine Fluchten in ihre Phantasiewelt. Auch ihr geheimnisvoller Mitschüler Pelle, der in Wirklichkeit Rêbin heißt, entpuppt sich als ein neuer Freund über dessen Herkunft Lola im Verlauf der Woche so einiges erfährt. Am Ende der Woche ist Lola dann nicht nur um einige Tage älter, sondern auch um einige Erkenntnisse reicher und sogar um einige Zentimeter größer! Kein Zufall, dass ausgerechnet am Samstag auch noch Lolas neunter Geburtstag gefeiert wird!

"Lola auf der Erbse" – schon beim Lesen des Titels fühlt man sich an das bekannte Märchen von Hans Christian Andersen erinnert. Doch eine Prinzessin ist Lola wahrhaftig nicht, obgleich sie einst als Baby wegen eines kleinen Brotkrümels auf der Matratze drei Nächte in ihrem Bettchen geschrien hat. Infolgedessen nannten die Eltern ihr Boot „Erbse“ und auf diesem lebt Lola schließlich. Märchenhafte Züge weist das Buch, das vor allem Kinder ab acht Jahren begeistern wird, zu genüge auf, angefangen vom „Nicht-Wachsen-Wollen“ Lolas, über die fabelhaften Erzählungen des alten Solmsens bis hin zum grandiosen Happy-End an Lolas neuntem Geburtstag. Der Autorin ist hier die Gratwanderung gelungen eine für Kinder ernste Thematik, die Trennung der Eltern, sowie ein gesellschaftspolitisches Problem, dargestellt an Rêbins Familie, die sich illegal in Deutschland aufhält, in einer Form aufzuarbeiten, die gerade durch die Ausflüge ins Phantastische, Märchenhafte eine gewisse Leichtigkeit besitzt. So fehlt in diesem Buch glücklicherweise der oftmals bei Erzählungen mit ähnlicher Problematik erhobene, mahnende Zeigefinger, der die Lust an der Lektüre nimmt! Die schwarz-weißen Zeichnungen von Stefanie Harjes tragen dazu bei, diesen märchenhaften Charakter trotz der ernsten Thematik des Buches zu erhalten.

Alles in allem ein außergewöhnliches, poetisches Kinderbuch, erschienen im Tulipan-Verlag, dessen neues Kinderbuchprogramm sehr überzeugend ist und eine Bereicherung für die Lesewelt darstellt!

Claudia Birk-Gehrke
05.05.2008

 
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Das Buch:

Annette Mierswa: Lola auf der Erbse. Mit Bildern von Stefanie Harjes

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Berlin: Tulipan Verlag 2008
194 S., € 14,90
ISBN: 978-3-939944-10-2

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