Kinder- & Jugendbücher
Direkt, brutal, realitätsnah: ein spannender Jugendthriller über ein brandaktuelles Thema
Es ist der letzte Schultag vor den Ferien und Deutschlehrer Moritz Brandl betritt das Klassenzimmer seines Leistungskurses. Doch statt des Unterrichts beginnt ein Spiel um Leben und Tod: Brandl verriegelt die Tür und zieht eine Waffe. Er will herausfinden, wer sein Leben ruiniert hat. Seine Frau hat vor Kurzem Suizid begangen und in seiner Verzweiflung versucht er, die Schuldigen zu finden. In zehn Runden müssen ihm alle Schüler*innen beweisen, wie gerecht sie sind. Nur dann lässt Brandl nach jeder Runde gehen. Nur wenn die fünfzehn Teenager zusammenhalten, haben alle eine Chance zu überleben. Während die Polizei auf dem Schulhof berät, wie sie einen Amoklauf noch verhindern kann, und die Scharfschützen des SEK in Stellung bringen. Es droht eine Katastrophe.
Wer steht jetzt füreinander ein? Da ist Ben, der schon länger in Melli verliebt hat und auf der letzten Party sogar mit ihr geknutscht hat. Doch sie scheint für ein keine romantischen Gefühle zu hegen. Sam hingegen hat sich vor kurzem als non-binär geoutet. Kein leichter Schritt, aber ein notwendiger. Das wissen Charlie und Dario zu genau, deren Outing noch gar nicht soweit her ist. Dann ist da auch das Geschwisterpaar Arvid und Esther, der erst seit kurzem in Deutschland leben. Ausgerechnet in Arvid und in Ben vermutet Brandl die beiden "Täter". Zumindest hat er die beiden besonders auf dem Kieker. Dass die Wahrheit tatsächlich eine ganz andere ist, daran wagt Brandl nicht einmal einen Gedanken. Doch ist sein Unternehmen wirklich der richtige Weg?
Thrill-Time, die den Puls auf mindestens 180 Schläge pro Minute hochtreibt - was Silke Heimes schreibt ist alles andere als leichte Kost. Und dennoch hat man definitiv keine andere Wahl, als ihre Bücher zu lesen. Und das mit größter Begeisterung. "Who's to blame" lässt einem den Atem stocken. Der Ueberreuter Verlag schreibt zu dieser Neuerscheinung: direkt, brutal, realitätsnah. Und nichts hätte richtiger sein können als diese drei Worte. Heimes kann schreiben; ohne jeden Zweifel! Ihr aktuellstes Werk bringt einen um den Schlaf. Zudem ist es mit einer Trigger-Warnung versehen. Also, Vorsicht vor dieser Lektüre! Eigentlich sollte diese Pflicht sein im Schulunterricht. Denn die ist verdammt nah dran an der Realität, außerdem am Gänsehautfaktor.
Nur wenige deutsche Autor*innen können einem Vergleich mit Jugendthriller-Star Karen M. McManus standhalten. Und Silke Heimes ist eine davon. Ihr großes schriftstellerisches Können zeigt sich nach "The truth behind your lies" auch in "Who's to blame". Noch dazu ziemlich eindrucksvoll. Diese Lektüre ist schockierend und gefährlich, aber auch unausweichlich. Da braucht es mehr als mehr als ein paar Tage, bis man die Story einigermaßen verdaut hat. Dennoch: Solch ein Buch war längst überfällig auf dem hiesigen Jugendliteraturmarkt!
Susann Fleischer
23.09.2024