Kinder- & Jugendbücher
Kinderliteratur , die eine Entdeckung lohnt
Schon seit 100 Jahren lebt Einbeinchen ganz allein in einem Keller. Der Geist kleidet sich in Spinnweben, schläft in Spinnweben, vertreibt sich die Zeit mit einer Schaukel aus Spinnweben. Aber Einbeinchen kann nicht herumgeistern wie andere Geister, er kann weder schweben noch fliegen. Er kann nur quietschen und hüpfen. Er ist auch nicht weiß, sondern grau wie eine Motte. Und statt eines Flatterhemdchens trägt er einen Umhang aus seinen eigenen grauen Haaren. Und einen Namen hat er auch nicht. Was er hat, ist ein Beinchen und nur eins. Wieso ist er so, wie er ist? Eines Tages beschließt Einbeinchen, hinaus in die Welt zu gehen, um endlich glücklich zu werden. Auf seiner Reise begegnet er allerlei "skurrilen" Gestalten.
Unterhaltung, die so herrlich anders ist als das meiste, was es auf dem (deutschen) Kinderbuchmarkt zu kaufen gibt - mit den Büchern von Regina Ullrich macht man Kinder ab fünf Jahren sehr, sehr glücklich. Und auch deren Eltern haben an diesen ihre große Lesefreude. Ab den ersten paar Sätzen von "Einbeinchen, der Kellergeist" hat Jung und Alt, Groß und Klein ein breites Grinsen im Gesicht. Und doch stimmt die Story einen traurig. Denn Einbeinchens Suche nach Antwort auf die Frage: Wieso bin ich so, wie ich bin?, lässt niemanden unberührt. Der deutschen Autorin gelingt ein Lesevergnügen, das alles andere als nullachtfünfzehn ist. Es regt zum Nachdenken an. Und noch besser: Es lockt den Nachwuchs vom Computer oder Fernseher weg.
Regina Ullrichs "Geistergeschichte" von "Einbeinchen, der Kellergeist" überrascht mit amüsantem Lesespaß, aber auch mit philosophischen Gedanken zu: Wer sind wir? Was macht uns aus? Nach der Lektüre kommt man zu dem Schluss, dass es nicht immer besser ist, mit dem Strom zu schwimmen. Man sollte sich selbst treu bleiben, auch wenn man sich dann aus der Masse abhebt, zu der man glaubt, gehören zu müssen. Denn jeder von uns ist ein Unikat.
Anja Rosenthal
22.05.2018