Gedichtbände

Die gesamte Bandbreite an menschlichen Emotionen ausspielen …

... das ist eine Kunst, die die meisten Autoren nicht einmal nach zahlreichen erschienenen Werken beherrschen, da sich doch gerne meistens auf ein Genre festgelegt wird, und wenn es nur die Textform ist. Umso beeindruckender ist es, was der junge Joshua Clausnitzer hier als sein Erstlingswerk vorlegt: Scheinbar zunächst keiner bestimmten Struktur folgend, eröffnet Clausnitzer mit "anmutigen Alliterationen" - so der Titel des ersten Gedichts, und durchaus wörtlich zu nehmen.

Gekonnt spielt Clausnitzer mit der deutschen Sprache, ihrer Form und ihren Möglichkeiten der verschiedenen Gestaltung. Wortspiele und Doppeldeutigkeiten sind es dann auch zunächst, die den Ton des zunächst heiteren Buches bestimmen, auch die Themen sind so alltäglich wie leicht, wie zum Beispiel Fußball oder Autos - doch dann wird es ernster: Zuerst mischen sich ernste Themen wie Liebe, Krankheiten und Krieg unter die Gedichte, und später, wenn der Autor sicher ist, den Leser in einen nun ernsten Bann gezogen zu haben, kommt in der Mitte sozusagen das Kernstück des Buches: Eine Kurzgeschichte, keine 20 Seiten lang, die aber trotz der Kürze mit voller Wucht in den Magen des Lesers trifft. Ohne zu viel verraten zu wollen, geht es ohne jedes Augenzwinkern oder Albernheiten todernst zu in der Geschichte. Indem er dazu noch die Textform wechselt (die gesamte Geschichte wird in Prosa erzählt), verleiht Clausnitzer diesem Mittelteil seines Buches noch zusätzliches Gewicht. 

Die Motive Tod, Verlust und Trauer werden unheimlich intensiv geschildert und lassen den Leser fast körperlich den Schmerz der Hauptfiguren erfahren, was den Kontrast zum Anfang des Buches perfekt macht! Aber Clausnitzer ist alles andere als ein Sadist: Wer nicht erst mal schlucken muss nach der Lektüre und das Buch erst mal zur Seite legt, wird schnell wieder aus der düsteren Stimmung entlassen, aber es bleibt zunächst besinnlich.

Die Beobachtungen in der Natur oder auch aktuelle Probleme wie die Flüchtlingskrise bilden den Einstieg in den zweiten Lyrikteil, und schnell nimmt Clausnitzer auch wieder den Stil der so verspielten wie genialen Wortspiele des ersten Teils wieder auf, oft ergänzt durch eine Geschichte, die mithilfe von eleganten und originellen Versen erzählt wird. So hinterlässt Clausnitzer am Ende den Leser nicht mutlos oder mit einer dunklen Atmosphäre, sondern zeigt im Gegenteil, wie doch das Menschsein erst durch das (Mit-)Erleben aller möglichen Stimmungen und Gefühle erst reizvoll wird - und man eine Geschichte nie ohne ein Lächeln beenden soll!

Gerrit Koehler
20.06.2016

 
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Das Buch:

Joshua Clausnitzer: Wortspiele und andere Kuriositäten

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Frankfurt am Main: August von Goethe Literaturverlag 2016 73 S., € 10,80 ISBN: 978-3-8372-1871-8

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