Gedichtbände

Worttanz und Ideenwitz

Es ist ein kleines, knapp 50 Seiten zählendes Bändchen, das Georg C. Sindermann unter dem Titel "Lightgedanken" vorlegt. Aber es darf unter so einer Überschrift ja auch kein Bleigewicht erscheinen. Wie der Titel verrät, kommt alles leichtfüßig daher, beschwingt und in vielem nur sanft berührt.

Wenn man vernimmt, dass der 1958 geborene Wirtschaftswissenschaftler in großen Konzernen Führungspositionen innehatte, ehe er sich als freier Autor auf den Weg machte, dann staunt man ob dieser Fähigkeit, Gedanken so worttänzerisch unbeschwert auszudrücken. Man folgt den vergnügten Seitenblicken auf das "weichgegarte Männlein mit Birkenstöckel" und freut sich an den elektrischen "Reserven" des Alltags. Gerade hier zeigt sich die innere Verknüpfung von Inhalt und Sprachform sehr schön. Der "stellvertretende Ersatzzusatzstecker" ist nicht nur eine technische Innovation, sondern auch eine stilistische. Dabei scheint die Sprache dem Problem ein Schrittchen voraus zu sein. Vielleicht kann man, wie es Siegfried Lenz einmal ausdrückte, die Welt erst verstehen, wenn man schreibt. Das gilt wohl auch für Harmlosigkeiten.

Es ist also nicht nur Wortakrobatik zu bestaunen, sondern auch Witz zu genießen. "Zuerst wurde der Spiegel rasiert und gefönt", schreibt er in der Miniature "Ein perfekter Anfang". Und weiter: "Danach der Verkehr und der Regen angeschrien. Später, in der Mittagspause, die Speisekarte gegessen." Das ist kompresse Gedankenführung, so etwas wie sprachliches Management in ökonomischer Verknappung. Die kompakten Beiträge - etwa "Houdini" - gehören zum Besten, was der Band dem Leser bietet.

Wohlgemerkt: Von diesem Autor liest man nicht einfach nur Amüsement und Gaudi, da ist auch Anspruchsvolles darunter. Man braucht sich nur durch das "Borderland" zu lesen, um diese Hintergründigkeit zu spüren. Vieles ist minimalistisch gefasst, aber maximal erdacht. Da geht nicht einfach ein Spaßvogel, da geht ein Ahasver seinen Weg.

Welcher der großen oder kleinen Beiträge ist nun das gelungenste? Das ist eine höchst persönliche Sache, natürlich, und abhängig auch von der eigenen Tageslaune. Aber mit der "Exzellenzoffensive" im oberen Ranking liegt man wohl kaum falsch. Hier macht sich einer lustig über Routinefloskeln und Managerreflexe, der sich auszukennen scheint. Da lacht man umso lauter, wenn man sich ans Zeitfenster macht. Ein Berater und Coach, heute wohnhaft in der Wirtschaftsmetropole Frankfurt am Main, "verdichtet" gemachte Erfahrung.

Genau so stellt man sich Bücher vor, die man in der Ferienmuße genießt, um Abstand zu gewinnen. Das ist das, was auf luftiger Ideenhöhe als ideales Pendant zum kulinarischen Verwöhnt-Werden durch die Hotelküche passt.

Ronald Roggen 
10.10.2011

 
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Das Buch:

Georg C. Sindermann: Lightgedanken. Gedichte und Gedanken

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Aachen: Karin Fischer Verlag 2011
48 S., € 6,90
ISBN: 978-3-8422-3984-5

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