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Gedichtbände

"Ausweg aus der roten Hölle"

Kevin Strullkötter hat sie 2009 geschrieben - diese Gedichte, die nun in der kleinen Sammlung "Signalfeuer" veröffentlicht sind. Strullkötter hat sie in drei Gefäßen untergebracht. Das erste gilt der Natur, das zweite dem Wandel der Gesellschaft und das dritte dem Leben der Menschen. Da kommen auf 68 Seiten grundehrlich gedachte und unverschnörkelt verfasste Gedichte zusammen, die eines gemeinsam haben: Sie machen nicht vor der Nase des Menschen halt, sie greifen weit aus und haben den weiten Globus vor Augen, um den es nicht allzu gut bestellt ist. Es steckt so etwas wie eine kollektive Klage in diesem kleinen Werk, eine poetische Parallele zu dem, was an Demonstrationen und verzweifelten Konferenzen politisch abläuft. Es sind keine politischen Gedichte, es sind Appelle an das Innere im Menschen. Aber wie jene sind auch diese ernst gemeint.

Strullkötter schwebt eine Vision vor, die erst auf den letzten Seiten voll zu erfassen ist. Es geht darum, das Leben zu verstehen, richtig zu verstehen, als Geschenk zu verstehen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Wie das im Juni 2009 verfasste Schlussgedicht "Die Suche nach den Erleuchteten" verständlich machen will, gibt es bei den Reichen wie bei jenen, die hart arbeiten, jedoch genug zum Leben haben, etliche Hindernisse auf dem Weg dorthin. Bei denen, die bei seiner Suche frei von Besitz waren, hoffte er auf einen Hauch von Glück, aber hier war die berauschende Wirkung von Alkohol am Werk. Erst am Schluss fand er auch "richtige" Menschen, unter denen Reiche, die von ihrem Besitz abgaben.

Eine Vision, vielleicht eine Utopie, an der man verzweifeln und resignieren wird? Strullkötters Gedichte sind Appelle von der eindringlichen, sehr persönlichen Art. Sein Dringen und Drängen ist kaum zu übersehen. Es sind Aufforderungen, die Realität mit ihren Ungerechtigkeiten nicht zu verdrängen, sondern menschlich zu handeln und die Erde zu bewahren.

Man muss sich auf viel Schwarzes, viel Armut, Qual und Leiden gefasst machen, wenn man diesen Band in die Hand nimmt. Der Mensch sollte "über den Fortschritt herrschen, und nicht der Fortschritt über den Menschen", schreibt Strullkötter. Seine Klagen gelten dem falschen Umgang mit Reichtum und Ressourcen, es ist ein unüberhörbares ökologisches Bedauern und soziales Beklagen, dem man sich als aufgeschlossener Leser kaum entwinden kann.

Es gibt mehrere Schlüsselbegriffe in diesem Buch. "Einfaches Leben" ist einer davon. "Einfache Existenz" ist für Strullkötter ein Weg aus dem Dilemma der allzu rührigen Gegenwart. An anderer Stelle ruft er zum "einfachen Sehen" auf. "Sprecht vom Leben" ist eine andere typische Wendung.

Die Sprache lehnt sich an keine Dichtermuster an, sie ist unverfälscht und ausgesprochen frei, letzteres auch in der Zeichensetzung. Dieses wilde Sprachverhalten mag daran liegen, dass es Strullkötter eben nicht vordringlich um akademisch saubere Satzbauten und Wortfolgen geht, sondern darum, zu erkennen und endlich zu handeln. "Erkennt ihn doch, den Ausweg aus der roten Hölle, die gefangen hält, die manipuliert", schreit er dem Leser entgegen. Der soll als verantwortungsbewusster Erdenbürger aktiv werden, nicht als Sprachgelehrter.

Das Ganze darf man als ernst gemeinte Anregung entgegennehmen, als Anreiz zur Diskussion. Gelegentlich findet sich Ironie eingestreut, doch zum Lächeln oder gar Lachen findet Strullkötter offensichtlich wenig Grund. Es gibt zu viel Anlass, sich zu schämen, liest man aus den Gedichten.

Ob das postulierte "einfache Leben" so widerspruchsfrei zur Aufforderung passt, das Leben "voll und ganz zu genießen", mag jeder selber prüfen und wägen. Was meint Strullkötter mit der "schmutzigen Reinheit"? Was mit dem Ausdruck "Scheinwelt"? Das sind offene Fragen zu diesem Gedichtband, bei dem man nie vergessen sollte, dass man ihn höllenrot eingefasst hat.

Ronald Roggen
29.11.2010

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