Gedichtbände

Gute Gedichte gehen hinüber wie ein schönes Geschenk

Es ist ein leichtes Buch, was in den Händen liegt: "Drei Fragen". Unter diesem Titel hat Esther Heinrich eine kleine Gedichtsammlung veröffentlicht, die es in sich hat. Die Fragen leiten schon auf dem Cover ein, sich für Überraschendes zu öffnen. Und schon im ersten Gedicht, betitelt mit "Wer vermag?", entdeckt der Leser, was "Wendungen" eigentlich bedeuten. Hier bedeuten sie eben eine Wende, eine Neigung, eine Zuneigung, Aufmerksamkeit, Bedenken. Also doch nicht ein leichtes Buch?

Es gibt heute weiss Gott genug Gedichtbände, die den literarischen Markt überfluten dort häufig mit Gestammel und Gesülze im Schlick versinken, wo sie auch niemand mehr sucht. Meistens wird das noch mit Esoterik abgeschmeckt, was der zeitgenössischen Dichtung auch nicht weiterhilft. Das ist mit Esther Heinrichs Werk absolut und mit Sicherheit völlig anders. Hier darf man von Qualität sprechen, obwohl man dies in solchen Sprachsparten sonst kaum wagt. Aber warum sollen denn diese bescheidenen achtzig Druckseiten so völlig anders sein als die triste Menge?

Es sind mindestens drei hieb- und stichfeste Gründe, die aus "Drei Fragen" eine Aussergewöhnlichkeit machen. Am auffälligsten vielleicht ist der Umstand, dass die Gedichte so bejahend und lebensfreundlich erscheinen und diese Wirkung auch mit Überzeugung verbreiten. Man mag das Gedicht "Ein Morgen" heranziehen, das mit viel früher Freude ansteckt, noch ehe der Tag begonnen hat, oder Frühlingsfeuer, das ein ganzes Jahr mit seinem Lachen erfreut. Vielleicht ist "Erde" eines der schönsten Gedichte: "Und ich drehe mich, und ich bin still". Es ist Wärme zu spüren, auch Leidenschaft, und oft erkennt man Demut, die nicht niederzieht. Dies alles macht aus dem Bändchen ein Geschenk, das man ohne Zögern jemandem übergeben darf, der vielleicht diese Bejahung besonders braucht.

Der zweite Grund liegt im starken Ausdruck. Die Worte sind sicher gesetzt, die Gefühle klar angesprochen. In dieser Lyrik steckt nicht deshalb Ordnung, weil alles in Reih und Glied steht, sondern deshalb, weil Sinn und gekonnte Sprachform sie zusammen halten. Und alles lässt frei atmen: "Begradigt nicht meinen Lauf, lasst mich frei".

Drittens besticht Esther Heinrichs gelungenes Buch durch Sinnlichkeit, die beflügelt. Für das Ohr hält die Autorin eine sehr schöne Rhythmik bereit ("Wortlos"), für das Auge herrliche Bilder ("Wonne"). Fast möchte man von wogenden Wellenkämmen sprechen, die durch diese Gedichte ziehen. Aber es ist keine billige Schönwetterlyrik, die schönt und funkelt und lügt. Die Gedichte sind viel zu ehrlich, und mitunter auch - trotz oder vielleicht gerade dank ihrer Zuversicht - sehr ernst. Jedenfalls ernst genug, dass man sie auch entsprechend für voll nimmt. Christina Munz hat seidenzarte Illustrationen beigesteuert, die dem Text die Bedeutung nicht streitig macht.

Ronald Roggen
09.08.2010

 
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Das Buch:

Esther Heinrich: Drei Fragen. Gedichte

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Frankfurt am Main: Weimarer Schiller-Presse 2009
79 S., € 7,90
ISBN: 978-3-8372-0449-0

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