Gedichtbände

Ein kleiner Gedichtband weckt große Erwartungen

Gerade mal zwanzig Jahre alt ist er, das würde man hinter seinem reifen Gedichtband "Sternbildsonate" nicht vermuten. Florian Kiesewetters neuste Publikation zählt auch nur 72 kleine Seiten, aber in ihrer Dichte steckt sie die Dimension einer bemerkenswerten sprachlichen Leistung ab. Vielleicht macht gerade das jugendliche Unbekümmertsein den Reiz seiner mitunter überraschenden Wortfolgen aus. 33 Gedichte sind in diesem 2009 erschienen Band versammelt.

Kiesewetter schwärmt auf der eigenen Website von seiner Heimat im Harzgebiet und dies so offen und gemüthaft, dass es die innere Orts- und Naturverbundenheit vieler Gedichte in der "Sternbildsonate" auf Anhieb gut erklärt. Es erscheint auch so, dass diese solide Grundlage "schuld" daran ist, wenn die Gedichte in ihrer Form so klassisch gehalten sind. Die Zeilen sind fest gereimt, auch klar empfindbar von den Rhythmen und Klangfarben her. Man findet darin alte Worte aus dem Fundus humanistischer Bildung und Belesenheit. Und selbstverständlich hat die Heimat im Buch einen zentralen Platz: "Harz, du holdes Sagenland". Das Gedicht ist von ansprechender Sinnlichkeit und Nähe. "Heimat", so schreibt Kiesewetter, "ist der Minne Boden". Das hätten ältere Leser, die um den Fortbestand des Heimatgefühls bangen, diesem Jüngeren nicht zugetraut.

Wenn man Verwandtschaften knüpfen müsste zur zurückliegenden deutschen Dichtung, so würde man dies vielleicht zu Hölderlin oder noch mehr zu Rilke tun. "Pantagruel" führt zu Rabelais. "Such dein Glück" und "Weiter noch" hätten sicher schon den jungen Rilke angesprochen.

Wie bei diesen Autoren liest man auch bei Kiesewetter nicht auf Tempo, eher mit Besonnenheit. Dafür sind viele Worte zu schwer und viele Bezüge auch zu anregend. Zu vieles will bedacht, erinnert, imaginiert oder neu erdacht werden, wenn man die Gedichte auf sich wirken lässt. Man lese nur den Schluss des Vierstrophers "Epithaph": "Dass ein neuer Anfang werde, brachte mich die Zeit zur Strecke und in unsres Gottes Herde." Oder den kleinen Passus in "Eos": "Du einigst das Linde dem Hehren, ich mag neben dir nichts besitzen".

Die Zeilen sind kurz, die Sprache wirkt dicht. Wenn man "Wildheit" sucht in ihnen - das liegt angesichts des jugendlichen Autorenalters auf der Hand -, so nicht in der äußeren Form, mehr im Inhalt der einzelnen Worte und in ihrer engen Verbindung.

Wer der Ästhetik dieser Gedichte nachspüren möchte, sei auf "Lilienstück" verwiesen, ein verschlungenes und in seiner Art auch dekorativ-verspieltes Gedicht. Wiegende Lyrik findet sich in "Frühlingserwachen", traumtänzerische Zartheit im "Chinesischen Garten", drängende Verknappung im Titelgedicht "Sternbildsonate", Wohlklang und Harmonie schließlich in "Spät im Jahr". Florian Kiesewetter beweist auch "längeren Atem", etwa in "Des Richters Urteilsspruch" und im "Wassermann".

Dies alles weckt Erwartungen. Die werden durch die Website www.fkiesewetter.de natürlich noch nicht erfüllt. Natürlich nicht, da müssen schon neue Werke her! Bis es soweit ist, kann man über den Vorschlag in der Verlagsbesprechung nachdenken, die Gedichtsammlung in drei Gruppen einzuteilen. Oder sich in Kiesewetters Gästebuch eintragen. Der Band ist auf jeden Fall ein gutes Feedback wert.

Ronald Roggen
31.08.2009

 
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Das Buch:

Florian Kiesewetter: Sternbildsonate

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Neustadt an der Orla: Arnshaugk Verlag 2009
72 S., € 8,00
ISBN 3-926370-38-6

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