Gedichtbände

Lyrik, die Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges miteinander verbindet

Michaela Rheinländer gehört nicht zu denen, die sich mit den Gegebenheiten des Lebens "abfinden"; sie gehört aber auch nicht zu denjenigen, die dagegen "rebellieren". Die Autorin scheint etwas begriffen zu haben, was viele Menschen nicht verstehen oder nicht verstehen wollen: dass es im Leben darauf ankommt, Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges miteinander zu verbinden, es miteinander zu vereinen! Dabei will die Vergangenheit bewusst integriert und die Gegenwart wahrhaftig gelebt werden. In Bezug auf die Zukunft gilt es, dieser beherzt und zuversichtlich entgegenzublicken, stets offen zu sein und es auch zu bleiben.

Wenn diese Balance stimmt, ist der Mensch gut fürs Leben "gewappnet", was es auch bringen mag - denn dass dieses nicht immer nur "eitel Sonnenschein" sein kann, ist so natürlich wie das Leben und der Tod selbst - die Autorin bleibt da ganz realistisch.

Michaela Rheinländer tritt jedoch nie schulmeisterhaft auf, sie vermittelt ihre Erkenntnisse und Lebensweisheiten niemals mit erhobenem Zeigefinger; ihre lyrischen Zeilen sowie ihre Prosatexte sind eher eine "liebevolle Bestandsaufnahme" des Lebens, wie sie es erlebt und gelebt hat und immer noch lebt, was freilich nicht heißen soll, dass sie nicht ihre Schlüsse daraus zieht. Jedoch tut sie dies vielmehr als "Beobachterin" denn als "Richterin"; vielmehr "registriert" sie die Dinge und Gegebenheiten als dass sie sie "beurteilt" oder gar "verurteilt". Und dabei bleibt sie immer bei der Wahrheit, bei ihrer Wahrheit, bleibt sich stets selbst treu, ohne jedoch zu "verletzen" oder gar jemanden zu "versetzen".

Das macht die Autorin so sympathisch, genauso wie ihre "Menschenzentriertheit": Stets stellt sie bei ihren vielseitigen Themen den Bezug zum Mitmenschen her, sieht den Menschen als notwendigen Teil der Gesellschaft, wobei sie darauf hinweist, dass der Mensch mehr auf die Gesellschaft angewiesen ist als umgekehrt. Desgleichen sind alle ihre Ausführungen auf die so beherzigenswerte Mitmenschlichkeit ausgerichtet sowie auf das, was der eigentliche, der wahre Sinn des menschlichen Lebens ist: die Liebe.

Kultiviert und wortgewandt stellt Michaela Rheinländer in ihren Prosatexten überdies intertextuelle Bezüge her und zeigt damit nicht nur ihr breites literarisches und philosophisches Wissen, sondern beweist damit zugleich ihre grundsätzliche Orientierung nach außen hin, vollkommen im Einklang mit ihrem Plädoyer, welches sich gegen Starrheit, mentale Unbeweglichkeit und eine überzogene Ich-Zentriertheit ausspricht und sich stattdessen für Offenheit, mentale Elastizität und Flexibilität sowie ein dynamisches Miteinander einsetzt.

Eine wahrhaft bereichernde Lektüre für den anspruchsvolleren Leser, dem es auch, aber nicht allein ums Schmökern geht und der ebenso Interesse und Freude daran hat, offen und ehrlich über das Leben, die Menschen und sich selbst zu reflektieren.

Alexandra Eryigit-Klos 
18.05.2020

 
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Das Buch:

Michaela G. Rheinländer: Sich in Gedanken verlieren. Gedichte und Essays

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Offenbach am Main: August von Goethe Literaturverlag 2018 96 S., € 11,80 ISBN: 978-3-8372-2181-7

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