Erzählbände & Kurzprosa

Auf der Anklagebank der Menschlichkeit: Krieg und Kriegsverbrecher

Der deutsche Künstler Theo Altmann trifft im Jahr 1996 während eines Urlaubs in der Schweiz die aus Deutschland stammende Kroatin Myriam Cicic mit ihrem kleinen Sohn. Gebannt und zugleich fasziniert von der noch sehr jungen Frau, schafft er es, ihr Vertrauen zu gewinnen und ihr grausames und schreckliches Geheimnis zu erfahren: Bei ihrer Hochzeit knapp zwei Jahre zuvor im ehemaligen Jugoslawien wurden Myriams Bräutigam und die ganze Hochzeitsgesellschaft von serbischen Nationalisten brutal ermordet und sie mehrfach vergewaltigt. Theo nimmt sich Myriam an und holt später in einer abenteuerlichen Aktion ihr vom Vater, einem international gesuchten Kriegsverbrecher und zugleich Schulfreund Myriams, entführtes Kind aus Serbien zurück. Schließlich überzeugt Theo Myriam, an den Ort des Verbrechens zurückzukehren, zumal dort mittlerweile die Bürgerkriegsgefahr gebannt ist, um sich endgültig von ihrem Trauma zu befreien, das sie immer noch gefangen hält.

Der Text dieses Buches ist zwar frei erfunden, entspricht aber nach Aussage des Autors der Realität. Es verweist zudem auf drei schriftliche Quellen zum Balkankrieg zwischen Serbien und Kroatien, die als Unterlagen für diesen Roman gedient haben.

Der Autor legt von Beginn an großen Wert auf die genaue Charakterisierung seiner beiden Hauptpersonen Theo Altmann und Myriam Cicic. Mit viel Sorgfalt und feinem Gespür veranschaulicht er deren Gefühle und auch tiefsinnigen, teilweise philosophischen Gedankengänge, die ihre Haltungen und weiteren Handlungsweisen für den Leser stets erklären und verständlich machen. Besonders gelungen ist diese Darstellung bei der jungen Myriam, die unvorstellbares Leid ertragen musste und sich nur schwer damit abfinden konnte, aber letztlich doch ihre Seele anderen Menschen öffnen und damit ein neues Leben beginnen kann.

Zugleich ist dieses Buch eine offene Anklage gegen die Grausamkeit, Unsinnigkeit und Perversität von Kriegen, speziell des Balkankriegs, und allen Ursachen dafür anzusehen, die in unterschiedlicher Intensität mehrfach geschickt in die Handlung mit eingebaut werden. In teilweiser direkter Gegenüberstellung zu diesen wohlbegründeten Aussagen werden die verantwortlichen Kriegsverbrecher - sowohl Befehlshaber als auch Ausführende - schonungslos an den Pranger gestellt und damit ihre sinnlosen und lächerlichen Rechtfertigungen beeindruckend ad absurdum geführt.

Andreas Berger
15.08.2016

 
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Das Buch:

Jörg Hanz Kristian Schmidt: Das Wunder von Serbenica

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Frankfurt am Main: August von Goethe Literaturverlag 2016
284 S., € 21,80
ISBN: 978-3-8372-1874-9

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