Erzählbände & Kurzprosa
Graf von Sinzenich: Blaues Blut
Die Geschichte "Blaues Blut" des Grafen von Sinzenich dreht sich um das Sterben Wollen und das Sterben Müssen in der heutigen Gesellschaft.
Die Vorgeschichte kümmert sich um die Römer und die Germanen sowie um die Entstehung des Adelsgeschlechts der Grafen von Sinzenich, dessen Nachfahre der Ich-Erzähler ist. Der Hauptteil des Textes befasst sich mit der Lebensgeschichte der Hauptfigur Werner, dessen Selbstmordversuch scheitert und der später seinen besten Freund Benno an einer Krankheit sterben sieht.
Von Anfang an hat es Werner nicht leicht. Seine Eltern fliehen mit ihm aus der DDR, die Mutter stirbt sehr früh und Werner wird von seiner konservativen Großmutter erzogen, die auch Werners Mitschülern eine Lektion erteilt, weil Werner von diesen gehänselt wird.
Die eigentliche Geschichte beginnt an einem Pfingstwochenende, als Werner und sein Freund Benno, der Alkoholiker zu sein scheint, in betrunkenem Zustand einen Autounfall verursachen. Werner flieht vor der Polizei, wird aber doch noch verhaftet. Dies öffnet ihm Augen und in einer geistigen Gerichtsverhandlung verurteilt er sich selbst zum Tode. Der Versuch, sich mit Insulin und Beta-Blockern das Leben zu nehmen, scheitert allerdings und Werner kommt in die Psychiatrie. Am Ende kann er jedoch sein Leben akzeptieren und die psychiatrische Klinik verlassen. Doch sieht er sich mit einem neuen Problem konfrontiert, denn sein bester Freund Benno ist an Krebs erkrankt.
Der Autor schreibt in einer einfachen und verständlichen Sprache. Durch die Verwendung einiger regionaler sprachlicher Besonderheiten wird eine gewisse Authentizität erzeugt, die den Leser mitnimmt. Die doch eher ernst anmutende Geschichte eines gescheiterten Selbstmörders ist gespickt mit kauzigen Gesellen und ulkigen Episoden, die die ernste Stimmung auflockern. Der Leser lernt die Hauptfigur immer besser kennen, je mehr Anekdoten aus der Vergangenheit Werners erzählt werden.
Durch die verschiedenen ineinander verwobenen Geschichten der einzelnen Zeitspannen bietet der Text Abwechslung und Kurzweil vom Anfang bis zum Ende. Der Leser begibt sich auf eine kleine Zeitreise, denn durch die eingeflochtenen Jahreszahlen und geschichtlichen Ereignisse weiß man genau, in welcher Ära der deutschen Geschichte man sich gerade befindet, wodurch die Phantasie des Lesers beflügelt wird.
Der moralische Appell an den Leser zieht sich durch den ganzen Text hindurch. Immer wieder werden moralische Werte wie die Hilfe für die Armen und Schwachen und der Leitsatz "Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem andern zu." in der Vordergrund der Geschichte gerückt.
Die Botschaft, die der Text vermittelt, besteht jedoch nicht nur aus den moralischen Werten, sondern, der Autor möchte seinem Publikum vermitteln, dass es immer Hoffnung gibt, egal in welch einer Situation man sich gerade befindet. Der gescheiterte Selbstmörder Werner wird im Laufe der Geschichte zur personifizierten Hoffnung für andere und für sich selbst.
Tanja Köbler M.A.
15.02.2016