Erzählbände & Kurzprosa

Ein Meister der Deutung und des sanften Spotts

"Der elit?re Hypochonder" von Rolf Fenkart hat es in sich. Kaum hat man in der Titelgeschichte den ersten Satz mit seinen 68 W?rtern durchgearbeitet, folgt nur wenige Abs?tze sp?ter ein weiteres Konstrukt mit 84 W?rtern. Und die S?tze reihen sich in allen f?nf Kurzgeschichten nicht etwa linear aneinander. Mit einer solchen Vermutung w?rde man dem emeritierten Basler Professor sicher nicht gerecht. Er, dem schon die Komplexit?t der Naturgeschichte zwischen Urknall und heute nichts anhaben konnte, bewegt sich literarisch sicher durch ein faszinierendes Labyrinth. Ein Denkbasar, der gerade damit an Wert gewinnt, dass man dem Leser keinen Ortsplan in die H?nde dr?ckt.

Die eigenwillige Sprachf?hrung serviert ein unerh?rt am?santes und anregendes Feixen und Foppen, das gelegentlich damit neckt, dass es - vielleicht - eben gerade kein Foppen ist. Man w?hnt sich in einer virtuellen Welt, die das Formenspiel des Rokoko mit der Denkweite der Moderne verlinkt, und l?sst sich gerne vom n?chsten Hinweis ?berraschen. Kaum hat man den Schachtelsatz erfasst, wird einem die n?chste Schachtel ?bergest?lpt. Wer sich oberfl?chlicher B?cher wegen langweilt, ist hier gut gelandet.

Einmal eingelesen, sp?rt man die Treffsicherheit des Autors, der sich gelegentlich brav als Chronisten bezeichnet. Als lebte sein Werk nicht von den schwierigen Fragen, die sich auch ohne Fragezeichen dem Leser als R?tsel pr?sentieren. Fenkart macht Erlebtes deutbar, und das macht seine f?nfteilige Sammlung, auch wenn sie nur 90 Buchseiten z?hlt, zu einem literarischen Geschenk, ?ber dem man einen Moli?re sich vorstellen mag, der sich mit leichter S?ffisanz ?ber den suchenden Leser beugt. Moli?re oder Loriot.

Deutungen nimmt man auch im Mittelst?ck entgegen. "Money" ist eine kunstvolle, immer wieder gekonnt pointiert gezeichnete Hundebiografie. Losgetreten wird die Geschichte durch einen M?lltransporter, der das Tier anf?hrt - ein Unfall, der einiges an innerer Bewegung in Gang zu setzen vermag. Bewegung: Das sind Spekulationen ?ber das Dahinter solcher Vorg?nge. Ein Autor, der fr?her ?ber komplexe Abl?ufe im All nachdachte, mutma?t jetzt ?ber Vorherbestimmung und Schicksal im Alltag. Das alles ist recht pers?nlich eingef?rbt. Ein geschildertes Dilemma ist m?glicherweise tats?chlich ein Problem im Leben des Schreibenden. Das kann durchaus sein. So ?berdeutlich dr?ckt einem der Autor die Aussagen nicht auf die Nase.

F?nf Kurzgeschichten sind es, die hier zu verfolgen sind. Keine leichten Texte, eher Herausforderungen. Und wie es bei echten Herausforderungen immer ist: Sie in Angriff zu nehmen lohnt sich. Das gilt wohl am deutlichsten f?r "Die Besessene", ein Meisterst?ck, in welchem das Surreale von Fenkarts Denke und Schreibe sehr erfrischend zum Ausdruck gebracht wird. Wobei dem Surrealen m?glicherweise mehr Realit?tskraft anhaftet, als man zun?chst vermuten w?rde.

Man gewinnt nach der Lekt?re der f?nf Kurzgeschichten den Eindruck, hier habe ein Autor mit gr??ter Freude seiner Feder freien Lauf gelassen. Die Leserfreude liegt nun unter Umst?nden gerade darin, den S?tzen mit inneren Gegenfragen zu folgen: Was will er mir da sagen? Ulkt er oder ulkt er nicht? Wo will er nun wirklich hinaus? Und wie wichtig ist in der Hundegeschichte der Hund?

Ronald Roggen
06.08.2012

 
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Das Buch:

Rolf Fenkart: Der elitäre Hypochonder ... und vier weitere Kurzgeschichten

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Frankfurt am Main: public book media Verlag 2011
90 S., € 11,80
ISBN: 978-3-86369-063-2

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