Erzählbände & Kurzprosa
Eine ungewöhnliche Männerfreundschaft
Wer einmal tief in die Seele eines Mannes blicken möchte, wenn dieser betrunken ist, der sollte unbedingt Natalja Walters "Drei betrunkene Männer in einem Wald" lesen. Erstaunlicherweise ist dieses Buch von einer Frau geschrieben, doch schon beim Lesen weiß "Mann", dass das seine wahren Kumpels sind. Und Frau fühlt sich ihren Ahnungen bestätigt: "So sind Männer unter sich." Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel!
Hinter diesem Buch versteckt sich gute Unterhaltungsdichtung. Die drei Freunde, Botho, Seppl und Wiggo gehen mit zwei Flaschen Schnaps in den tiefen Wald, um sich zu betrinken. Aber noch wichtiger: um mal wieder über alles reden zu können. Die Männer könnten unterschiedlicher nicht sein - sowohl vom Aussehen als auch vom Charakter und nicht zuletzt von ihrer Herkunft und dem Alter her. Doch sie sind sehr gut befreundet und verstehen sich bestens, auch wenn sie sich hin und wieder streiten. Sie können sich offen alles sagen und sich auch wieder vertragen, nachdem die Fetzen geflogen sind.
So sitzen die drei im Wald in ihrem notdürftigen Lager. Sie sammeln Holz, zünden ein Feuer an, setzen sich reihum hin und beginnen zu erzählen - und zwar auf eine ungenierte Art und Weise. Wie es Betrunkene eben tun und vor allen Dingen, wie es wohl nur Männer machen. Sie reden über Frauen und Sex, über Politik und die Gesellschaft und über Dinge, die das normale Leben betreffen. Sie lassen kaum etwas und jemanden aus. Auch wenn die Männer offensichtlich stark angetrunken sind, sind sie aber immer noch Herr ihrer Sinne. Jeden Entschluss besiegeln sie mit einem Trinkspruch und anschließendem Hinunterkippen des Schnapses - ähnlich wie bei einem Ritual.
Als beide Flaschen geleert sind, geht die Nacht langsam ihrem Ende entgegen und die drei Männer zurück in das alte Leben - umgeben von Arbeit und ihren Liebsten. Wie selbstverständlich setzen sie sich in den nächsten Bus und fahren nach Hause. Der Alltag hat sie wieder und sie gehen diesem wie gewohnt nach.
Der Autorin gelingt es wunderbar, sehr glaubhaft wiederzugeben, wie Männerfreundschaften sein können. In dieser einen Nacht spiegeln die drei Männer auch Akzeptanz, Wohlwollen, Innigkeit, Humor, Freundschaft und Gemeinsamkeit wieder, indem sie sich sagen, was sie denken - auch wenn sie sich nicht immer einig sind, während sie diskutieren. Letztlich ist der Zusammenhalt das, was wahre Freundschaften ausmacht.
Wer einmal tief in die männliche Seele hineinschauen möchte, der sollte beherzt zugreifen und Natalja Walters "Drei betrunkene Männer in einem Wald" in jedem Fall lesen.
Tanja Küsters
09.05.2011
Eine Lesung aus dem Buch finden Sie hier:
http://autoren-tv.de/vorschaltseiten/walter_intro.html