Erzählbände & Kurzprosa

Variierte Variante

In diesem Büchlein "geht" so manches "über die Bühne". So formuliert das jedenfalls wiederholt die Autorin. Was da noch erwarten? Zumal zudem mit dem Titel "Eine Liebe zu dritt" geworben wird. Wenn das ein werbender Titel ist? Wenn der Titel nicht schrecklich, simpel oder schrecklich simpel ist? Weder simpel, gar schrecklich ist, was Unda Hörner geschrieben hat. In sieben als Porträts bezeich-neten Texten variiert die Verfasserin die Variante der "Liebe zu dritt". Als gäbe es nichts Wichtigeres in der Welt!

Zumindest war das zeitweise so für die Personen der Porträts. Sie sind nicht die Jedermanns dieser Welt. Sie sind Leute der Literatur und Kunst, deren Namen noch nachklingen. Mehr oder weniger beständig waren sie "Dreiecke", wie Hörner gern sagt. Also Dreiecksbeziehungen wie die der späteren Dali-Gattin Gala mit Paul Éluard und Max Ernst. Wie die Majakowski's mit dem Ehepaar Brik. Wie die der Anis Nin mit June und Henry Miller. Keine Schauer- oder Schreckensgeschichten, auch keine schweinischen. Auch keine schlimmen Lieben. Kompliziert. Frei und sinnig. Freisinnig eben. Auf jeden Fall unkonventionell. Allemal. Selbst dazumal.

In jedem Falle unvereinbar mit dem bürgerlichen Moralkodex und erst recht mit der christlich-katholischen Sittsamkeit. So unkonventionell die Damen und Herren meinten zu sein, sie strebten danach, entsprechend ihrer selbstentwickelten Konventionen zu lieben und zu leben. Man lese und staune und danke der Autorin für den Blick durchs Schlüsselloch. Der ist nicht peinlich-penetrant. Keine Person wird vorgeführt oder verdammt. Keine Lebensmaxime hofiert oder idealisiert. Alle Beziehungs-Szenen bleiben, was sie sind, Szenen besonderer Beziehungen besonderer Menschen.

Die dargestellten Lebensformen halten "dem Bürgertum einen Spiegel vor", schreibt Unda Hörner. Weiß ohnehin jeder, der sich einigermaßen in der Literatur und Literaturhistorie der ersten Hälfte des Vorjahrhunderts auskennt. Kennern ist das Offerierte keine Offenbarung. Inhaltlich so wenig wie sprachlich. So solide die Sätze sind, sie haben häufig etwas Belehrendes, wie das seminaristischen Arbeiten eigen ist. "Eine Liebe zu dritt" zeichnet markante Lebenslinien nach, die mehr und mehr verblassen. Warum auch nicht?!

Desto weiter die Entfernung von den Biographien, desto weniger heftig ihr einst so lustvoller Schwung. Wie auch immer! Besser wär's, die Leser lassen sich von der geweckten Neugier treiben und schauen nach, was die Verliebten hinterließen. Der Welt zum Vergnügen, als sie sich zu dritt vergnügten. Oder zu viert, fünft... wie der "notorisch Polygame" Bert Brecht, der, auch als Frauenbesitzer und -besetzer, beharrlicher als seine inkonsequenten Kollegen war. Er hat wirklich gewusst, was wie erfolgreich "über die Bühne geht".

Bernd Heimberger
23.03.2009

 
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Das Buch:

Unda Hörner: Eine Liebe zu dritt. Sieben Porträts

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Berlin: Edition Ebersbach 2009
120 S., € 14,00
ISBN: 978-3-938-74085-9

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