Erzählbände & Kurzprosa
Freundschaft und Vergebung in schwierigen Zeiten
Zu Hitlers Geburtstag führt der kleine Rafael als Pimpf mit seiner Trommel die Jungschar an, die auf dem Marktplatz im thüringischen Saalfeld aufmarschiert. Groß erscheint anderentags sein Bild in der Zeitung. Doch dann wird er abgeholt, zum würdelosen Verhör durch den für seine Gemeinheiten stadtbekannten Gauleiter. Die Verwahrung im Kinderheim wird angeordnet, so lange, bis Rafis Mutter beweist, dass ihr Sohn „nicht diese abartige jüdische Abstammung hat“. Wer hat ihn angezeigt? Und wieso besteht Verdacht bei dem katholischen Jungen? Auf dem Schaufenster des Süßwarenladens seiner Eltern prangt bereits der Davidstern in gelber Farbe, die Scheibe wird eingeworfen. Mitstreiter von Rafis Mutter ist allein noch der Pfarrer. Denn nur Gottes Hilfe zählt jetzt noch.
Das ersehnte Kriegsende und die Heimkehr des in russische Gefangenschaft geratenen Vaters bringen keine Besserung. Nur kurz währt die amerikanische Besatzung. Unter sowjetischer Militärverwaltung erfolgt die Enteignung des Besitzes. Die Familie flüchtet aus der Ostzone über die grüne Grenze in den Westen. Dort wächst Rafi auf, studiert in München Jura. Als Anwalt sucht er Wiedergutmachung und Versöhnung in der alten Heimat.
Mit der Figur des Jungen Rafi spannt Grabitz den Bogen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges und der Judenverfolgung bis in die deutsche Nachkriegszeit. Essenziell für den Autor und seine Geschichte: die Vermittlung von Werten wie Freundschaft und Vergebung im Kleinen, die Beitrag zur Bewältigung leisten.
Susanne Meier
27.06.2022