Erzählbände & Kurzprosa
Ein Lesevergnügen der besonders tierischen Sorte
Tiere denken und fühlen, sind erfinderisch und haben ein komplexes Seelenleben. Nicht selten versuchen sie, sich uns Menschen verständlich zu machen. Bisweilen gelingt dies. Wem dies einmal widerfahren ist, wird nicht nur für immer verändert, sondern hat eine Geschichte zu erzählen, die auch unseren Blick auf die Tierwelt verändern kann. Viele Menschen haben Jürgen Teipel von ihren ganz tierischen Begegnungen erzählt. "Unsere unbekannte Familie" lässt den außenstehenden Leser an diesen teilhaben. Vom ersten Satz an will man sich glatt wegschmeißen vor lauter Lachen. Und zuweilen, sogar ziemlich oft, kommen einem vor Rührung die Tränen. Denn die Storys zeugen von (Wort-)Witz und Tiefgang. Diese wirken ähnlich wie ein Antidepressivum und ermöglichen uns, Tiere besser zu verstehen.
Es sind frappierende, überraschende und anrührende Geschichten: so wie die von dem Eichhörnchen, das in einem Park an jemandem hochkrabbelt, ihn geradezu "adoptiert" und nicht mehr von ihm weichen will, selbst nicht unter der Dusche; oder die von dem sieben Meter langen Glattwalbaby, das einen Taucher zu einer Rutschpartie auf seinem Rücken einlädt; oder die von der einstmals wilden Katze, die bei der Rückkehr ihres Lebensmenschen nach langer Abwesenheit so außer sich gerät, dass sie tagelange Freudentänze aufführt; oder die von der sterbenskranken Frau, die Trost durch die empathische Begleitung eines Pferdes bekam. 37 im Kurzgeschichtenstil gehaltene Storys (plus zwei Zugaben) erfreuen den Leser über alle Maßen. Und sie offenbaren ihm so manch Erstaunliches, sodass er bis zum letzten Satz den Mund nicht mehr zukriegt.
Literatur, die alles andere als nullachtfünfzehn ist - wer auf der Suche nach einem Lesevergnügen weit abseits des Mainstreams ist, sollte unbedingt "Unsere unbekannte Familie" kaufen. Jürgen Teipel versteht es, den Leser aufs Amüsanteste zu unterhalten. Und er regt ihn zum Nachdenken, Mitdenken, Umdenken an. Denn wie diese oft unglaublichen, doch wahren Geschichten zeigen: Tiere sind nicht so viel anders als wir Menschen. Diese erzählen von Kühen mit Humor, von Pferden, die sich selbst heilen, von künstlerisch begabten Affen, verliebten Katzen und von Angst-Hasen, die über sich selbst hinauswachsen, handeln von Vertrauen, Mitgefühl, Freundschaft und, ja, auch von Liebe zu und unter den Tieren. In ihnen scheint für Momente die Grenze zwischen Mensch und Tier aufgehoben.
Nicht nur für Tierliebhaber ist "Unsere unbekannte Familie" ein absoluter Lesehit. Jürgen Teipels "Wahre Geschichten von Tieren und Menschen" sind ein Riesenspaß, der Langeweile nicht einmal den Hauch einer Chance lässt. Was man hier in die Hände kriegt, ist Unterhaltung der besonders tierischen und außerdem von der originellsten Sorte. Für Leser von Peter Wohlleben ("Das Seelenleben der Tiere") ist das vorliegende Buch Pflicht. Es bietet wie nur wenige andere erstaunliche Einblicke in eine verborgene Welt sowie so manche "Aha!"- und "Oho!"-Momente. Überraschungen während der Lektüre absolut garantiert!
Susann Fleischer
12.03.2018