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Dramen

Dramenliteratur par excellence

Die Statuen gestürzt, die Kolonien aufgelöst, die Bediensteten entflohen, im Ballsaal Hermeline, Wurzeln durchschlagen das Treppenhaus, die Paläste verfallen, der Kapitalismus raucht noch eine, blutleer, das Anthropozän hustet irritiert und dazwischen flüstert noch irgendjemand: aber ich habe dich doch geliebt. Thomas Köck bewegt sich in unterschiedlichen Szenarien und Zeitebenen, die sich über eine exzessive Suche nach Liebe und Macht, Erlösung und Transzendenz miteinander verbinden: Im brasilianischen Dschungel um 1550 sind Konquistadoren im Namen Gottes und der Krone unterwegs, unterwerfen rücksichtslos Menschen und Natur, auf der Suche nach Eldorado. Im Amerika unserer Tage grassiert eine Opioid-Krise, die Menschen faden einfach aus, am Fließband, in ihrem Auto, in ihren Villen, die Venen und Münder offen, die Konzerne auf Kursgewinn.

Und dazwischen immer wieder geflüstert die Einsicht: Alles haben wir gewusst, nichts haben wir gemacht. Ohnmächtige Seher:innen durchschreiten die Höllenkreise in dieser "missa in cantu", ein mächtiger, melancholischer Gesang, in den immer mehr Stimmen und Erinnerungen einfallen. Wie immer in seinen Werken sucht Thomas Köck in der Geschichte nach den Wurzeln für die Fehlentwicklungen unserer Gegenwart. Mit "eure paläste sind leer (all we ever wanted)" legt er seinen Finger tief in die Wunde einer kaputten kapitalistischen Welt und ihrer Fehlentwicklungen, in deren Folge nicht nur Menschen, sondern auch der Planet und seine Ressourcen ausgebeutet werden.

Literatur zum Niederknien - ein Werk von Thomas Köck zu lesen, macht einen ganz schwindelig; und zwar egal, ob als Theaterbesucher vor den Brettern, die für vielen eine Welt bedeuten, oder als Leser auf der heimischen Couch. Als großen Wurf, fast schon Geniestreich kann man "eure paläste sind leer (all we ever wanted)" definitiv und ohne jeden Zweifel bezeichnen. Und als Unterhaltung, die den Blick von uns allen auf das Wichtige im Leben, nämlich Nachhaltigkeit und Menschlichkeit, richtet. Was in Zeiten wie den heutigen wichtiger ist als jemals zuvor (und hoffentlich auch irgendwann danach). Köck kann schreiben. Das beweisen zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis, den Kleist-Förderpreis und die Ernennung zum "Nachwuchsautor des Jahres" in der Kritikerumfrage von Theater Heute. Chapeau für solch eine Meisterleistung!

Der Suhrkamp Theater Verlag bringt die grandiosesten Bühnenstücke des deutschen Literaturmarktes heraus. Umso schöner und toller, dass Thomas Köck hier sein Zuhause gefunden hat. Außerdem vollkommen zu recht: So virtuos wie er spielt kein anderer Autor hierzulande mit unserer Sprache. Sein Drama "eure paläste sind leer (all we ever wanted)" sollte in möglichst vielen Theaterhäusern hierzulande aufgeführt werden. Warum? Weil es eine outstanding-Performance verspricht. Schauspiel wird hier auf ein neues Level gehoben. Dafür verdient der Österreicher eigentlich einen Oscar der Theaterszene!

Susann Fleischer
19.12.2022

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