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Du sollst sein Rätsel lösen ...

"Es ist dieses Kind aus der geistigen Welt zu dir herabgestiegen. Du sollst sein R?tsel l?sen, von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde." Diesen Satz sagen sich Waldorflehrer, ehe die Kinder in ihre Klasse str?men, t?glich aufs Neue. Wie r?tselhaft unsere Kinder oft f?r uns heute geworden sind, zeigt ein einziger Blick in die Zeitungen: Hier ein Amoklauf, der die Republik ersch?ttert, da wird ?ber eine gesetzliche Regelung der Ritalinverschreibung diskutiert. Pisastudien belegen, dass unsere Kinder nicht gerade die kl?gsten sind, Statistiken erschrecken keinen mehr, die belegen, dass Kinder als wirtschaftlicher Faktor eine unvergleichliche Macht darstellen ? zwischen diesen Polen spielt sich heute das Kinderleben ab. Eltern, die gezwungen sind, Erziehungsaufgaben an Institutionen abzutreten, teils, weil sie Geld verdienen m?ssen, teils aus mangelnder Kenntnis, wie denn Erziehung zu gestalten sei, stehen hilflos vor Spr?sslingen, die zappeln, keinen ganzen Satz sprechen oder vor dem PC kauern und Figuren mit Bezinf?ssern auf Geb?ude losrennen lassen.

Erziehung heute ist ein Balanceakt der besonderen Art. Eltern sein ist kein Beruf, den man lernen kann. Aus welchen Gr?nden auch immer man Kinder bekommt ? sowie das Kind da ist, ben?tigt es mehr zum Gro?werden als Essen, Kleidung und mit elf den eigenen Fernseher im Zimmer. Wer sich einmal bewusst macht, was ein S?ugling heute erlebt, der im Kinderwagen durch eine Stadt geschoben wird, bekommt in etwa eine Vorstellung von dem Karussell, das unser Leben in einem Kinderk?pfchen ausl?sen kann ? grelle Lichtblitze von Halogenstrahlern, Krach und L?rm, dreckige Luft, pl?tzliches Hupen, Dauerberieselung in Gesch?ften, kein Platz f?rs Spielen, Betreten des Rasens verboten, Singen ist hier nicht erlaubt. Ist das eine Welt f?r Kinder? Darf es uns wundern, wenn Kinder "schwierig" werden?

Das Buch befasst sich nicht direkt mit diesen Fragen, sondern es ist als ein konkretes Handbuch mit Fallbeispielen konzipiert, um rasch vom Gedanken auch zur Tat zu kommen. Unter den Themen "Sonnenkinder, ?berbewegliche Kinder, Kinder mit einer d?nnen Haut, Kinder, die in sich selbst gefangen sind, Kinder mit Kontaktst?rungen, Legastheniker und Kinder mit einer nonverbalen Lernst?rung" werden im ersten Teil Kinder vorgestellt, die ihre Schwierigkeiten schon auf die Welt mitbringen. Jeweils wird ein entsprechendes Schicksal aufgezeigt, die Hintergr?nde werden beleuchtet und anschlie?end bekommen sowohl Erzieher als auch Eltern zahlreiche Hilfestellungen angeboten. Der zweite Teil des Buches behandelt Kinder, die durch das Leben gesch?digt werden, unter den Aspekten: "Folgen einschneidender Erlebnisse, Sexueller Missbrauch, P?dagogisch vernachl?ssigte Kinder, Erlernte Hilflosigkeit", auch hier mit der Einteilung: Schicksalsbeschreibung und Hilfen f?r Erzieher und Eltern. Ein dritter Teil behandelt die entscheidende Frage: Wie kann man Kinder mit R?tseln begleiten?, und er ist untergliedert in Hinweise f?r Eltern und Hinweise f?r Lehrer. Eine kurze Beschreibung des "Br?ckenw?chters", einer meditativen ?bung, mit der man in Kontakt zum Schutzengel des Kindes kommen kann, f?hrt das Buch zu einem ruhigen Endpunkt, der ganz nah an das Kind und in die Tiefe f?hrt, von der aus man dann handeln kann.

Kinder unserer Tage haben viele Probleme ? zum Teil mitgebracht wie angeborene Lernst?rungen, zum Teil schicksalshaft erworben, wenn beispielsweise ein Elternteil stirbt oder das Kind sexuell missbraucht wird, aber auch Kinder, denen ?bereifrige, ?ngstliche Eltern alles im Leben abnehmen, entwickeln sich nicht nach ihren Anlagen, vergleichbar einer ?berd?ngten Pflanze. Das Autorenteam sp?rt dem jeweiligen Kinderschicksal sensibel nach, immer im Sinne des Kindes, um ihm in sein eigenes Leben zu helfen, ihm Wege aufzuzeigen, aus seiner "St?rung" eine St?rke zu machen. Die Autoren kennen aus langj?hriger p?dagogischer Erfahrung die geschilderten Probleme. Ihre Interpretationen der Biographien der Kinder und ihre Vorschl?ge sind an einzelnen Menschen orientiert, stehen aber richtungsweisend f?r eigenst?ndige ?berlegungen der Leser zum Thema. Sie beleuchten f?r manche Eltern vielleicht zum ersten Mal (welche Erleichterung es ist, nicht mit einem "St?renfried" isoliert angeprangert zu werden, sondern seinen "Fall" wiederzuerkennen und nun endlich zu wissen, wo die Hilfe ansetzen kann, kann nur ermessen, wer es erlebt hat), wie das Problem zu verstehen ist.

"Und dennoch ... Immer wieder taucht die Frage auf: Warum muss gerade ich ein solches Kind haben?! Dar?ber kann man ?rgerlich und traurig werden. Aber wenn man sich auf die Suche nach dem R?tsel dieses Kindes begibt, wenn man sich innerlich getrieben f?hlt, dieses R?tsel zu enth?llen, dann entsteht nach einiger Zeit vielleicht die M?glichkeit, die Schwierigkeiten als einen Entwicklungsweg f?r das Kind und f?r einen selbst als Erzieher aufzufassen, einen Entwicklungsweg, der einem mehr Fragen als Antworten entgegenbringt. Dieses Buch m?chte eine St?tze sein, wenn man den langen Weg der Enth?llung des R?tsels beschreitet", so schreiben die Autoren in der Einleitung. Die S?tze sind Richtung und Marschroute zugleich. Man braucht dazu aber auch ein bisschen Gep?ck: Einen unersch?pflichen Vorrat an Liebe zum Kind, die nicht durch die St?rung geschm?lert wird, ein ebenso endloses Vertrauen dahin, dass man irgendwann den Schl?ssel finden wird, mit dem man das R?tselschloss ?ffnen kann und den Willen, dem Kind, das oft ungl?cklich und tief verst?rt in seiner St?rung wie in einem Gef?ngnis festgehalten ist, die Hand zu reichen, um alle Gitterst?be aufzubiegen, die es daran hindern, sich im Sonnenlicht wunderbar zu entfalten.

Ein Praxisbuch, das Eltern und anderen Erziehern wichtige Hinweise und Impulse geben kann. Und eines, das sehr notwendig ist, solange die gesamtgesellschaftliche Einsicht fehlt, dass wir die Welt wieder lebenswert f?r unsere Kinder machen m?ssen, indem wir unser eigenes Verhalten einmal sehr gr?ndlich unter die Lupe nehmen. Eines muss man n?mlich immer mitbedenken. Kinder sind Spiegel. Wir sehen in ihnen die eigenen Fehler sehr deutlich. Insofern sind Kinder mit St?rungen immer auch eine sehr deutliche Aufforderung dazu, das eigene Verhalten zu ?berdenken. Haben Sie als Eltern mehr Mut, auch schwierige Fragen aufzugreifen und verlieren Sie niemals das Vertrauen in Ihr Kind! Sp?ren Sie nach, was es braucht, helfen Sie ihm, lassen Sie es nicht allein. Erziehung ist eine Herausforderung. In schwierigen Kindern ist eine Lebensaufgabe f?r die Eltern verborgen. Nehmen Sie das "R?tsel Kind" an. Das Buch hilft bei der Suche nach L?sungen.

csc
05.07.2002

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