Autobiographie

Das Ringen um persönliche Freiheit

Dieses Buch lässt aufhorchen, denn es ist ein 29jähriger junger Mann, der erfolgreich seinen Beruf als Restaurantfachmann ausübt und trotzdem in die Abwärtsspirale einer Alkoholssucht gerät.

Die Erzählung beginnt mit einer Herbststimmung im Thüringer Wald. Der Leser erfährt später, dass sich dort die Klinik befindet, in die der Erkrankte sich wegen seiner Alkoholsucht in Langzeittherapie begeben hat.

Bereits in den ersten vier Wochen der Therapie schrieb Tim Siegler seine Gedanken auf, trug diese der Gruppe vor und veröffentlichte sie auf der Internetseite des Allgemeinen Anzeigers von Saalfeld und Rudolstadt.

Den Schlüssel für sich findet er in der Erkenntnis, dass es ohne Wahrheit für ihn nie wieder Freiheit geben wird. So lässt er sein Leben Revue passieren und stellt sich immer wieder die Frage: Warum? Er versucht zu ergründen, was trotz beruflicher Erfolge und Karriere in der Gastronomie in die Sucht führte. Erst nach einem Burnout und Rückkehr in den alten Job mit seinem stressigen Arbeitsalltag entwickelt sich sein Alkoholkonsum zur Sucht. Als sein Körper streikt, wird ihm klar, dass er Hilfe braucht und so wendet er sich an eine Selbsthilfegruppe.

Im Folgenden wird deutlich, was es heißt, eine Therapie anzutreten. Tim Sieglers Willen ist entscheidend für deren Verlauf. Nach 13 Wochen Aufenthalt in der Klinik hat er verinnerlicht, dass ihm die Zukunft geschenkt wurde und er diese nutzen möchte. Zu dieser Erkenntnis tragen auch Schicksale bei, von denen er in der Klinik hört, vor allem die kriminelle Biografie seines Mitbewohners, der im Gegensatz zu ihm nie ein geborgenes Zuhause in der Kindheit erlebt hat.

Bei einem Spaziergang durch Weimar wird ihm noch einmal bewusst, dass durch die Sucht alle Gefühle verschüttet waren und jegliche Achtsamkeit verloren ging.

In dem Kapitel "Mitten im Leben" wendet sich Siegler den Unterschieden in der Behandlung von Alkohol- und Drogenkranken in der Psychosomatischen Klinik zu und zieht die Schlussfolgerung, dass Suchtkranke nach Krankheitsbild therapiert werden sollten.

Abschließend gibt der Autor einen Ausblick, wie er sich sein zukünftiges Leben vorstellt, ist sich aber bewusst, dass es nur in der Gemeinschaft und bei festem eigenen Willen möglich sein wird, sich seine erstrebte persönliche Freiheit ohne Alkohol zu sichern.

Mit dieser Erzählung über den einschneidenden Lebensabschnitt eines jungen Mannes ist mit Klarheit und Offenheit über ein schwieriges Kapitel in unserer Gesellschaft gesprochen worden, was bewundernswert ist. Sie ist wie eine Aufforderung, nicht die Erkrankten pauschal zu verurteilen, sondern ihnen eine Chance zu geben, aber auch an alle Erkrankten, ehrlich zu sich selbst zu sein und Hilfsangebote anzunehmen.

Dr. Helga Miesch
06.07.2015

 
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Das Buch:

Tim Siegler: Neuanfang. Der erste Schritt in ein zweites, suchtfreies Leben

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Frankfurt am Main: August von Goethe Literaturverlag 2015 64 S., € 9,80 ISBN: 978-3-8372-1682-0

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