Autobiographie

Narben nicht nur auf der Seele

"Was du als Kind für Erfahrungen gemacht hast, wird dich für dein ganzes Leben prägen." So beginnt die Autorin Simone Beck ihren Lebensbericht, den sie mit "Und vielleicht begegnen wir uns dort" überschreibt. Der Lebensweg eines ungewollten und ungeliebten Kindes, das misshandelt und missbraucht wird und mit sechzehn Jahren die Familie verlässt.

In einer Reihe von Ehen und Beziehungen wiederholt sich das Muster aus der Kindheit sowohl an ihren Kindern als auch an ihr selbst. Die unseligen Partnerschaften scheitern. Zu familiären Schicksalsschlägen kommt schließlich ein positiver HIV-Befund als Folge einer weiteren Beziehung. Nun offenbart sich die Grausamkeit der Gesellschaft im Arbeitsleben, aber auch in einer Therapie-Einrichtung. Simone Beck macht schlimme Erfahrungen und erhebt schwere Anschuldigungen gegen Ärzte und Pflegepersonal. Menschen, die helfen und begleiten sollten, zeigen sich als erbarmungslos und abstoßend, lassen sie das Stigma ihrer Erkrankung spüren, für die sie gar nichts kann.

Mit Mut und Energie beginnt sie den Kampf um Leben und Anerkennung; sie verklagt den verantwortungslosen ehemaligen Partner mit Hilfe einer engagierten Anwältin und obsiegt im Prozess. Dies hilft ihr, weitere Schicksalsschläge zu ertragen und zu meistern, und sie beendet ihren Bericht mit dem Fazit: Es war für sie ein Akt der Selbstbefreiung, ihre so ungewöhnliche Lebensgeschichte niederzuschreiben. Des Weiteren möchte sie anderen Menschen Mut machen, selbstbewusst für sich zu kämpfen, sich gegen Unrecht zu wehren und schließlich möchte sie "zu einem Wandel in dieser Gesellschaft beitragen".

"Und vielleicht begegnen wir uns dort" ist mit 65 Seiten recht kurz und überschaubar. Simone Beck schreibt in einfacher Sprache, so wie man seine Probleme der besten Freundin erzählt: oft emotional, manchmal umgangssprachlich, was den Zugang zum Text zusätzlich erleichtert. Sie spricht den Leser direkt an - sie möchte in einen Dialog mit dem Leser treten. Hin und wieder wendet die Autorin einfache Lebensweisheiten oder Metaphern wie "Licht und Regenbogen" oder "Narben auf der Seele" an; ihre oft zerrissene Gefühlslage wird in altbekannten Motiven transportiert. Ein Traum von einem glücklichen Jenseits gibt ihr Hoffnung.

Auch wenn es sich bei den hier geschilderten Ereignissen stets um die eigenen Erlebnisse, die subjektive Wahrnehmung der deutschen Autorin handelt, ist ihr mit ihrem Bericht ein Beitrag zur Diskussion akuter Themen und Probleme unserer Gesellschaft gelungen.

Hugo Meyer
10.06.2013

 
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Das Buch:

Simone Beck: Und vielleicht begegnen wir uns dort

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Frankfurt am Main: August von Goethe Literaturverlag 2013
64 S., € 10,80
ISBN: 978-3-8372-1224-2

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