Autobiographie

Die Schweiz, Zürich, umgeben von feindlichen Mächten, erlebt den Weltkrieg 1939-1945

Wie war das damals, der alltägliche Umgang mit dem Wahnsinn eines Kriegsgeschehens, das sechs Jahre die Welt erschütterte? Unbeteiligt, weil ein Neutralstaat, musste die Schweiz in hörbarer wie fühlbarer Nähe erleben, wie Größenwahnsinn und Machtgier der deutschen Führung zerstörte, was es an kulturellen und menschlichen Werten hervorgebracht hatte. Inmitten dieses unheilvollen Geschehens versuchte sich die Schweiz, vielfach abgeschnitten von Materialien und Zufuhren, auch Nahrungsmitteln, durch diese schlimme Zeit zu bringen. Man hörte die Bombeneinschläge von der nahen Grenze her, man bangte um all die Menschen, die dieses erleiden mussten, man las in den Zeitungen und hörte übers Radio von all dem Grauen und der langsamen Verelendung ringsum. Man rückte näher zusammen, sparte wo man konnte an allem, was das Leben benötigte, aber hungern musste niemand, die Eigenhilfe und der Durchhaltewillen machten es möglich. So stark, dass es zur Selbstverständlichkeit wurde, Blumengärten und öffentliche Parkanlagen zu opfern, um dort Lebensmittel anzubauen oder eine kleine Tierhaltung zu pflegen.

Es ist kein wehleidiger Bericht. Eine noch lebende Zeitzeugin berichtet sehr anschaulich von sehr viel Tapferkeit, von sehr viel persönlichem Einsatz. Da die Schweizer Männer an den Grenzen ihren Dienst leisteten, mussten Frauen daheim ihren Dienst ebenso leisten. Wobei so manches vorher nicht wahrgenommene Talent, so manche organisatorische Begabung entdeckt wurde. Irgendwie vermittelt einem dieser Bericht eine neue Sicht des Wortes "aufrecht". Es bezeichnet, oder zeichnet, eine Zeit und ein Volk, das aufrecht steht, sich aufrichtet in Zeiten der Not, und ausgerechnet in Zeiten der Not und Bedrängnis den Einzelnen nicht vergisst, ihn seine Lebensform finden lässt, sehr menschlich, mit Würde und Humor, und jener Energie, die eben in schlimmen Zeiten das Leben dennoch lebenswert erscheinen lässt. Der Autorin sei gedankt für solch ein sehr persönliches, aber allgemein verbindliches, sehr anschauliches Zeit- und Sittenbild.

Edeltrud Katharina Timmermeister
09.03.2009

 
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Das Buch:

Susanne Spöndlin: Kartoffeln vor dem Opernhaus

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Frankfurt am Main: Frankfurter Literaturverlag 2008 75 S., € 9,80 ISBN: 978-3-8372-0184-0

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