Medien & Gesellschaft

Es lebe der Sport!

Es scheint ein aussichtloses Unterfangen zu sein, den Sport in seiner Gesamtheit in ein einziges Werk mit dem Titel "Sport - Das Buch" fassen zu wollen. Die beiden Reporter der Süddeutschen Zeitung Jürgen Schmieder und Johannes Aumüller haben sich dieser Herausforderung gestellt, und es ist ihnen vortrefflich gelungen: Das vorliegende Buch präsentiert auf etwa 350 Seiten insgesamt 104 Sportarten, darunter natürlich alle klassischen Disziplinen, sämtliche Ballsportarten und auch diejenigen Sportarten, die alle vier Jahren bei den olympischen Spielen ins Licht der Öffentlichkeit gelangen. Darüber hinaus haben die beiden Autoren sich aber auch an Sportarten herangewagt, die ohne Untertreibung als Exoten einzuordnen sind, wie beispielsweise Minigolf, Frisbee, Armdrücken, Cheerleading, Tauziehen oder Schachboxen.

Wer dachte, er habe sowohl ein breites als auch ein tiefes Wissen über die Welt des Sports, dem beweisen Schmieder und Aumüller süffisant lächelnd das Gegenteil, spätestens mit der jeweiligen Frage für Angeber, die die Autoren für jede Sportart bereithalten. Selbst bei des Deutschen liebstem Kind, dem Fußball, wird der eine oder andere garantiert bei der Frage ins Straucheln kommen, wie viele Tore deutsche Nationalmannschaften in EM- und WM-Finals von außerhalb des Sechzehners erzielt haben? Ein jeder wird sich zunächst bei seinen Haus- und Hof-Sportarten tummeln und dort kritisch deren Darstellung unter die Lupe nehmen. Dabei wird man rasch feststellen, dass die beiden Autoren sehr viele Experten bei der Wissensgewinnung für ihr Buch herangezogen haben müssen, denn jeder Leser wird bei jeder Sportart ungeachtet seines Vorwissens ganz sicher Neuigkeiten erfahren.

Die 104 Sportarten finden sich alphabetisch geordnet in einem mit einem schlichten schwarzen Cover und goldener Schrift versehenen Büchlein wider, das einen nicht nur aufgrund des Absolutheitsanspruchs im Titel, sondern auch von seiner haptischen Form her womöglich an eine Bibel in einem amerikanischen Hotelzimmer erinnert. Gleichberechtigung für alle, war die Losung der Autoren, da sie konsequent jedem Kapitel nur drei bis vier Seiten eingeräumt haben und alle Sportarten ausnahmslos mit Hilfe eines festen Rubrikenrasters darstellen. 29 gleichbleibende Kategorien werden hierbei verwendet, beginnend mit der Herkunft des jeweiligen Sports, dem beeindruckendsten Wettkampf der Geschichte, typischen Verletzungen der Ausübenden, dem größten Gauner des Sports usw. bis hin zu einer Sportart-individuellen Top 10. Die Beibehaltung dieses Rasters bereitet natürlich an der einen oder anderen Stelle bereits den Boden für Fakten zum Schmunzeln. Man denke nur an typische Verletzungen beim Schach oder Minigolf.

Die Autoren haben mutmaßlich sehr viel Spaß bei der Entstehung dieses Buchs gehabt, dies ist zweifelsfrei an vielen Stellen zu beobachten. Dabei ist ihnen allerdings auch der Spagat gelungen, ein hochinformatives Buch zu schreiben. Freunde gepflegter Gleichungen werden garantiert von der Formel zur Punkteberechnung beim Zehnkampf begeistert sein. Oder wer wusste schon, warum Lacrosse-Spieler beste Chancen auf eine Anstellung an der Wall Street haben? Minigolf-unkundige Leser werden darüber aufgeklärt, wie und womit es Minigolferinnen gelingt, ihre Golfbälle ideal temperiert zu halten. Zahlreiche Illustrationen sorgen an der einen oder anderen Stelle für eine Visualisierung schwer zu beschreibender Sachverhalte, so zeigt die Skizze einer Stadionrunde den Laufweg Dieter Baumanns auf dessen Schlussrunde bei seinem 5000-m-Olympiasieg anno 1992 in Barcelona.

Jürgen Schmieder und Johannes Aumüller waren von ihrer stringenten Vorgehensweise derart begeistert, dass sie sogar die abschließende Danksagung in demselben Raster verfasst haben, das sie zuvor für die 104 Sportarten herangezogen haben. Dort erfährt man schließlich auch von dem größten Pechvogel des Buchs, dem Rasenmährerrennen, das es nicht in die vorliegende Ausgabe geschafft hat, sondern womöglich erst in eine zweite Runde Eingang finden wird. Erfreulich wäre eine solche Fortsetzung auf jeden Fall, denn "Sport - Das Buch" ist ein informatives Kompendium des Sports mit einer Dauerprise Humor, das dank seiner kurzen Kapitel ideal dafür geeignet ist, auf dem heimischen stillen Örtchen zu reüssieren. Übrigens, nur Horst Hrubesch traf 1980 beim ersten Tor im EM-Finale gegen Belgien von außerhalb des Sechzehners.

Christoph Mahnel
10.11.2014

 
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Das Buch:

Jürgen Schmieder, Johannes Aumüller: Sport - Das Buch

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München; C. Bertelsmann Verlag 2014
352 S., € 19,99
ISBN 978-3-570-10174-2

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