Medien & Gesellschaft

In dubio pro reo

Seit jeher wohnt dem Menschen ein kriminelles Potential inne. Man denke nur an den in der Bibel geschilderten Ur-Mord Kains an seinem Bruder Abel. Grund genug f?r Cornelius Hartz, die ber?hmtesten Kriminalf?lle des Altertums zusammenzutragen. Der promovierte Philologe pr?sentiert in "Tatort Antike - Ber?hmte Kriminalf?lle des Altertums" neunzehn Verbrechen aus der ?gyptischen, griechischen und r?mischen Geschichte. Jedem Fall widmet er darin vier bis zehn Seiten und bietet damit seinem Leser eine komprimierte und angenehm zu konsumierende Darstellung.

Die im vorliegenden Buch enthaltenen Kriminalf?lle reichen von dem vermeintlichen Mord an Pharao Tutanchamun im Jahre 1323 v. Chr. ?ber die Verurteilung des Philosophen Sokrates zu Beginn des vierten vorchristlichen Jahrhunderts - zahlreiche r?mische Delinquenten, worunter sich auch einige Amts- und W?rdentr?ger auf dem Kaiserstuhl tummeln - bis hinein in die Sp?tantike zum Mord an der Philosophin Hypatia von Alexandria im Jahre 416 n. Chr.

Hartz leitet rasch und sehr gut nachvollziehbar in das Thema des jeweiligen Falles ein, indem er die herrschende Situation darstellt und der Leser dadurch sofort im Bilde ist. Seine Aussagen und Behauptungen unterlegt Hartz - einem wissenschaftlichen Werk nahekommend - durch zahlreiche Quellenangaben und Literatur, die im Anhang des Buchs aufgef?hrt ist und somit dem Leser bei noch tiefergehendem Interesse vielf?ltige M?glichkeiten der Weiterbildung aufzeigt. Jeder Fall enth?lt zudem noch eine Originalquelle bedeutender antiker Schreiber wie z.B. Plutarch, Sueton, Cicero oder Seneca. Abschlie?end pr?sentiert Hartz weitere Ankn?pfungspunkte moderner Literatur oder Filme, in denen der jeweilige Fall aufgegriffen oder thematisiert worden ist, oder er nennt Kunstwerke, in denen bestimmte Szenen verewigt worden sind.

?ber die im vorliegenden Buch betrachtete Periode von knapp zwei Jahrtausenden ?hneln und wiederholen sich die Motive der Kriminellen: Da gibt es einerseits das Streben nach pers?nlicher und insbesondere finanzieller Bereicherung wie z.B. im Falle des von Cicero ?berf?hrten Verres, der sich in seiner Zeit als Statthalter von Sizilien dort als Meister der Unterschlagung hervortat. Ein vorherrschendes Motiv ist andererseits der Machthunger des Menschen, was diesen im Wunsch, Macht zu erreichen oder zu erhalten, buchst?blich ?ber Leichen gehen l?sst. Dazu liefert Hartz zahlreiche Beispiele aus der r?mischen Geschichte, die den Schwerpunkt in "Tatort Antike" bildet. T?ter sind dabei sehr oft diejenigen, die entweder in der N?he des Machtzentrums agieren oder bereits mit allumfassender Macht ausgestattet sind und diese weiter ausbauen oder schlicht erhalten m?chten.

Hartz ist bestrebt, seine Ausf?hrungen mit Aussagen und Bewertungen solcher zu belegen, die den jeweiligen F?llen sozusagen aus n?chster N?he beiwohnten. Nichtsdestotrotz finden sich h?chst unterschiedliche Beweis- und Quellenlagen f?r die einzelnen F?lle. W?hrend hinsichtlich des Ablebens Tutanchamuns nicht einmal gesichert ist, ob es sich um Mord oder einen Unfall handelte, liegen zu manchen Verhandlungen vor r?mischen Gerichten s?mtliche Gespr?chsprotokolle oder Pl?doyers vor. Dennoch warnt Hartz davor, s?mtliche Quellen unvoreingenommen als objektive Wahrheit hinzunehmen, da eine opportune Geschichtsschreibung einst gang und g?be war, wie im Falle der Verbannung Julias durch ihren eigenen Vater Augustus, ?ber den sich nahezu keine kritischen Stimmen in der r?mischen Geschichtsschreibung finden, da dem erhabenen ersten Kaiser Roms s?mtliche Schreiberlinge seiner Zeit wohlgesonnen waren.

Bereits in seinem Vorwort merkt Cornelius Hartz an, dass es selbst in den hochentwickelten Kulturen der Antike keinen funktionierenden Polizeiapparat im heutigen Sinne gab. Da auch, wie einige Beispiele deutlich vor Augen f?hren, die richtende Gewalt oftmals korrupt war, wird der Leser f?r sich selbst schlie?en, dass es ein Gl?ck ist, wohlbeh?tet im Hier und Jetzt zu leben. Dem Autor ist mit "Tatort Antike" ein kleines, aber feines B?chlein gelungen, das in hochwertiger Aufmachung daherkommt und dem Leser aufschlussreiche, aber sichere Zeitreisen an die Tatorte der Antike bietet.

Christoph Mahnel
24.09.2012

 
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Das Buch:

Cornelius Hartz: Tatort Antike - Berühmte Kriminalfälle des Altertums

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Darmstadt/Mainz: Verlag Philipp von Zabern 2012
144 S., € 19,99
ISBN: 978-3-8053-4507-1

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