Medien & Gesellschaft

Tat eines Träumers

F?r einen Moment war Mathias ein Held. Und wusste nichts davon. Und wollte davon nichts wissen. Wollte kein Held sein. Nie! Das haben die Medien dem 19-J?hrigen nie verziehen. Sie haben den Menschen Mathias Rust abst?rzen lassen.

Die Legende h?lt daran fest, dass der Sportflieger Rust - heimlich, still und leise -, von Helsinki herkommend, auf dem Roten Platz in Moskau landete. Ein Ereignis f?r die Welt. Ein Ereignis, das die Welt erstaunte, das sie schmunzeln lie?, das mit Spott und Schadenfreude registriert wurde. Wen das Politische der privaten Aktion des jugendlichen Fliegers nicht k?mmerte, sch?ttelte den Kopf ob des Leichtsinns von Mathias Rust. Wer leichten Sinns war, bekannte unverhohlen seine Sympathie f?r den Streich. Der war kein Dummer-Jungen-Streich. Kein gedankenlos riskiertes Abenteuer eines Geltungss?chtigen. Was nicht ausschlie?t, dass Rust gelten wollte. Nicht um seiner Eitelkeit willen. Nicht, um die von ihrem Sicherheitswahn gefangene Sowjetunion zu entlarven. Der Flug war kein Affront gegen die UdSSR.

Als der Tollk?hne auf einer Br?cke landete, die direkt auf den Roten Platz f?hrt, kam er als Friedensengel. Seine Tat war die eines Tr?umers. Der durfte durchaus naiv genannt werden. Doch, welcher, der im Kalten Krieg vereisten Politiker, w?re zu einer derart unkonventionellen Friedensmission f?hig gewesen? Wer denn? Da musste so ein Stift durch die L?fte segeln, um die erstarrte Welt in Bewegung zu bringen. Mag Mathias Rust noch so unbedarft gehandelt haben, in ihm war eine erstaunliche Energie und Leidenschaft. Die lie? ihn auch leichtsinnig sein, denn er musste kalkulieren, von den Sowjets abgeschossen zu werden. Mathias Rust war ein "friedlicher Held". Als der wurde er von vielen Menschen gesehen.

Auch von dem Journalisten Ed Stuhler. Anl?sslich des Jubil?umstages des Fluges erschien jetzt seine Publikation "Der Kreml-Flieger". Stuhlers Buch ist ein Sachbuch. Geschrieben mit journalistisch-feuilletonistischer Handschrift. Der Verfasser ist nicht nur ein Informator, der die Leser mit Fakten ?bersch?ttet. Er ist ein Unterhalter, der manche klischeehafte Schilderung riskiert. Somit ist das Buch keine dr?ge, besserwisserische, langweilige Liste von Fakten. Stuhler will die Mythen um den Flug von Mathias Rust nicht mythischer machen. Stuhler hat Sinn f?r Satire, wie auch Rust, der Mythen entmythologisiert. Das hei?t, die sachliche, dokumentierende Darstellung dominiert, weil der Autor der tats?chlichen Chronologie der Ereignisse den Vorzug gibt.

In der gesamten Schrift ist eine Stimmung, die die Sympathie des Publizisten f?r den Piloten von 1987 nicht verhehlt. Stuhler, Jahrgang 1945, teilt damit offenbar auch heute noch die Sympathie der Millionen der Sowjets, die Achtung und Anerkennung f?r den "verr?ckten" Deutschen zum Ausdruck brachten. Mathias Rust wurde als ein Deutscher einer neuen Generation gesehen. Er wurde als Freund begr??t und nicht als Feind gemieden. Das war der "Br?ckenschlag", von dem der Jugendliche so ?berzeugt und ?berzeugend sprach. Der junge Mann, Mathias Rust, hat die Welt seiner Tage nicht nur hingenommen, wie sie war. F?r einen Moment hat Mathias Rust in der Welt, f?r die Welt, etwas bewegt.

Bernd Heimberger
25.06.2012

 
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Das Buch:

Ed Stuhler: Der Kreml-Flieger. Mathias Rust und die Folgen eines Abenteuers

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Berlin: Ch. Links Verlag 2012
192 S., € 16,90
ISBN: 978-3-86153-666-6

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