Medien & Gesellschaft

Fürchten beim Futtern

Was denn dazu sagen? Ein "Spitzenkoch" behauptet von einem Sachbuchautor: Er "schreibt wie Raymond Chandler". Sagen: Suppe versalzen! Weil der Koch vom Schreiben offenbar wenig versteht und schon gar nichts von Chandler? Seiner Sachkenntnisse wegen, versteht der Koch sicher einiges von dem, wovon der Sachautor spricht. Er, der Autor Hans-Ulrich Grimm, sagt: "Vom Verzehr wird abgeraten". So der Titel seines Buches, mit dem er den Durchschnittsesser das F?rchten beim Futtern lehrt. Wer glaubt, alles ?ko, alles gut, wird sich wundern. Wer meint, alles Bio, alles besser, ist auch der Blamierte. Nichts ist, wie es sein sollte, wenn wir unser Butterbrot schmieren.

Grimm stellt st?ndig Stopp- und Verbotsschilder auf der Strecke der bewussten, weniger bewussten, unbewussten Ern?hrung auf. Kann man ?berhaupt was richtig machen beim t?glichen Essen? Wie sich der industriellen F?tterungsmaschine entziehen, die uns vollstopft? Der Verfasser sucht nicht krampfhaft Antworten. Er hat sie. Masse Mensch kann sich kaum der viel- bis alles versprechenden Nahrungsmittel entziehen. Masse Mensch ist das kalkulierte Opfer, dem alles eingetrichtert werden kann und auch wird. Obwohl der gar nicht grimmige Grimm seit Jahr und Tag warnt. Und, wieder und wieder, warnen muss. Nachdr?cklich und nachhaltig, was heute ?berall gefordert wird.

Hans-Ulrich Grimm beim Wort gepackt und nicht wieder losgelassen, m?ssten sich die Leser sofort in Bewegung setzen. M?ssten, sofern vorhanden, raus in den Garten und den gr?nen Rasen umgraben. M?ssten raus auf den Balkon, um die K?sten mit guter Gartenerde zu f?llen. Selbst m?ssen Frau und Mann wieder Produzenten werden. Die individuelle Gem?sezucht ist die Garantie f?r den Genuss. Auch, wenn?s nicht der wahre Genuss ist, was an Naturprodukten ?ber den Gaumen geht. Nun, bitte nicht glauben, dass aus Grimm der versierte G?rtner spricht. Kategorisch wie der Autor sein kann, verk?ndet er suggestiv: "Gesund Leben kann das Leben kosten." Das hei?t, jenes genussvolle Leben, das die Lebensmittelindustrie pomp?s-propagandistisch permanent verspricht. Wider wahren Wissens. Auch ahnungslos. Oft handelt der Handel am Rande der Legalit?t. Im schlimmsten Falle vors?tzlich manipulierend. Um nicht zu sagen, kriminell. Immerfort auf einen Lebensmittelskandal zusteuernd. Der ist dann der Betriebsunfall, der den Betrieb nicht aus den Angeln heben wird.

Masse Mensch muss also selbst be?ugen und pr?fen, was gegessen werden soll. Als Ratgeber f?r die gesunde K?che empfiehlt sich Grimm mit seinen Empfehlungen f?rs Essen, das nicht nur ein Hineinschlingen im Stehen ist. Wer wird auf den Mahner h?ren? Wem?s schmeckt, guckt sowieso nicht genau hin. Hauptsache: Es schmeckt! Sich vom Verfasser den Appetit verderben lassen, wenn sich all die Joghurtschleckereien so gut und g?nstig anpreisen? Ein Essensverderber der Verfasser? Ist das ein Argument, wenn man sonst keine Argumente zur Verf?gung hat? W?rden die Superm?rkte Grimms Argumenten folgen, m?ssten sie an manchen Regalreihen das Schild anbringen: "Vorsicht, Lebensgefahr!" So krass wird?s wohl nirgendwo kommen. Nun mit dem Buch "Vom Verzehr wird abgeraten" durch die L?den ziehen? Wenn man sich dann nicht ein Hausverbot einhandelt. Am besten weiterfuttern, was das Zeug h?lt? Hans-Ulrich Grimm r?t dringend davon ab. Und klaut so den Medizinern die Patienten. Oder? Wie blo? morgen an den "Fruchtzwergen" vorbeikommen?

Bernd Heimberger
02.04.2012

 
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Das Buch:

Hans-Ulrich Grimm: Vom Verzehr wird abgeraten. Wie uns die Industrie mit Gesundheitsnahrung krank macht

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München: Droemer Verlag 2012
320 S., € 18,00
ISBN: 978-3-426-27556-6

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