Medien & Gesellschaft
"Zugang zum Land Maskulina"
Schon wieder ein Buch über Männer? Gab es nicht genug in den letzten Jahren? Zu dem offenbar unerschöpflichen und immer wieder spannenden Thema finde ich in meinem Regal: Der Mann. Die Frau / Männer. Die geheimen Wünsche des anderen Geschlechts / Männer. Zehn exemplarische Geschichten / Männer. Götter in jedem Mann / Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus / Nehmt die Männer, wie sie sind. Es gibt keine anderen / Eisenhans / Männer, Mythen, Mächte / Der Mann im Umbruch ...
Nun also werden die Männer als eine Spezies besichtigt. Nicht nur der Tenor dieses Untertitels ist angenehm sachlich und humorvoll, es ist das ganze Buch. Wer einen konkreten Grund hat, mehr über Männer erfahren zu wollen( - einen Freund, einen Ehemann, einen Sohn, einen Schwiegersohn, einen Chef), wird fündig werden. Denn die Spezies Mann wird nicht nur allgemein besichtigt; sie wird in Untergruppen eingeteilt, diese werden beschrieben und erklärt. (Über die komplementären weiblichen Wesen erfährt die Leserin, erfährt der Leser ebenfalls einiges.)
"Frau (kann) ihre Glückserwartungen nur realisieren, wenn sie von der grundsätzlichen Fremdheit der Männer ausgeht, um dann ihre Überwindung zu feiern. Nur wenn sie Zugang zum Land Maskulinia hat – jenem einst mächtigen, jetzt aber heruntergekommenen Reich–, kann sie ihre Hoffnungen auf eine realistische Basis stellen und einen Mann kennen und ihn trotzdem lieben."
Meine frisch verheiratete Tochter begriff bei der Lektüre plötzlich, warum Hausarbeit für ihren Mann so schrecklich ist; sie erklärte ihm, daß sie ihn nun besser verstehe und daß sie ihn zudem offenbar falsch behandelt habe. Der junge Angetraute strahlte ob der moralischen Unterstützung durch MÄNNER – und wird sich nun verstärkt im Haushalt beteiligen, versprochen!
Schwanitz stellt uns in einer sogenannten Porträtgalerie verschiedene Männertypen vor: den Kavalier, den Scharlatan und den Hobbygott. Ich gebe übrigens zu, ich hatte mir einen solchen durchaus gewünscht als Unterstützung im Haushalt – aber nun bin ich richtig dankbar, daß ich stattdessen einen "Mann mit starker Schulter" an meiner Seite habe.
Des Weiteren gibt es: Gremienmitglieder und Stammtischbrüder, Gurus als Führer der Frauenhorde, Intellektuelle, Entertainer, Forscher, Latin Lover und Haustyrannen, Versager: Jammerlappen, Radfahrer, Neidhammel und Unglücksraben ...
Hört sich diese Zusammenfassung männerfeindlich an? Schwanitz jedenfalls ist es nicht. Vielmehr weckt er in der verblüfften Leserin Verständnis für den anderen Kontinent, auf dem die Männer leben: erklärt die männliche Angst vor der Innenwelt und die daraus resultierende Unlust auf Gespräche über persönliche Dinge; erklärt uns, daß nur frische Verliebtheit dem Mann ermöglicht, für eine gewisse Zeit sich innerlich der weiblichen Welt zu nähern (Romantik, Lyrik, Theater, Kunst, Natur, Persönliches), daß dies für ihn aber schrecklich anstrengend und nicht lange durchzuhalten ist.
Der kompetative Kommunikationsstil der Männer wird mit dem oft sachorientierten, manchmal nörgelnden der Frauen verglichen. Es wird uns deutlich gemacht, wie verschieden Liebe sich für Männer und für Frauen anfühlt. Wir verstehen, wie der "besondere Kommunikationsstil der Liebe" nahtlos in den der Streitereien und Kämpfe übergehen kann, bis hin zur Scheidung – und wir sehen, wie wir dieser Falle entgehen können.
Nach jedem der acht Kapitel kommt der Autor des Bühnenstücks "Campus" (das zuerst als Roman erschien) auf das Theater zurück. In acht Szenen läßt er eine witzige Amphytrion-Alkmene-Version entstehen, die uns zeigt : Sie ist ein Theater, sie ist eine göttliche (Tragi-)Komödie, die glücklicherweise unvermeidbare Kommunikation zwischen Mann und Frau.
fms
15.02.2002