Medien & Gesellschaft

Im Reich der kleinen Prinzen

Eigentlich sollte es nur der Beginn einer einjährigen Weltreise werden. Eigentlich war die ganze Sache nur gedacht, um Freunde und Verwandte zu beeindrucken. Eigentlich ... Doch der Freiwilligendienst in einem Kinderheim in Kathmandu hat Conor Grennans Leben komplett verändert und ihn als Mensch reifen lassen. In seinem Buch "Little Princes" berichtet er über seine ereignisreiche und gefährliche Zeit in Nepal, über seine aufopferungsvolle Arbeit mit den Kindern und über seine extrem beschwerliche Reise zu deren Eltern. Dabei erzählt Grennan nicht nur von seinen Erlebnissen, sondern lässt die Leser stets auch an seinen Gefühlen teilhaben.

Ein bisschen naiv war es schon von Grennan, einfach seinen Arbeitsplatz im EastWest Institute in Prag und Brüssel aufzugeben, zu einer Weltreise aufzubrechen und seine ersten drei Monate in einem Waisenhaus in Nepal zu verbringen, ohne sich vorher auch nur ansatzweise mit den Lebensbedingungen, der Arbeitsweise im Heim und den Bedürfnissen von Kindern vertraut zu machen. In den ersten Tagen muss sich Grennan erstmal an die vollkommen neue Lebenssituation gewöhnen. Authentisch und sympathisch beschreibt er seine Eindrücke, indem er auch seine Ängste erwähnt, der ganzen Sache nicht gewachsen zu sein. Überhaupt ist Grennans Ehrlichkeit eine große Stärke des Buches. Ganz authentisch und ohne heroischen Pathos berichtet er über seinen Dienst als Freiwilligenhelfer und über seine anschließenden äußerst mutigen und zugleich sehr gefährlichen Hilfsaktionen.

Während seines Aufenthaltes erfährt Grennan, dass viele seiner Schützlinge gar keine Waisen sind. Ihre Eltern hatten sie an Schlepper verkauft, um sie vor den maoistischen Rebellen in Sicherheit zu bringen, welche stets auf der nicht gerade zimperlichen Suche nach neuen Rekruten für ihre Armee waren. Die Schlepper gaukelten den Eltern vor, ihre Sprösslinge in sichere Gebiete zu bringen und ihnen ein Heim und eine Schulbildung zu ermöglichen. Doch nur die wenigsten der Kinder hatten dieses Glück - und wenn, dann nur mit Hilfe gemeinnütziger Organisationen, die sich der Kinder annahmen und sie teils mit Unsummen von den Menschenhändlern abkauften. Diese Ungerechtigkeit lässt Conor Grennan alles andere als kalt und in einem bewundernswerten Eifer und mit der Unterstützung von Freunden und Verwandten gründet er die Non-Profit-Organisation "Next Generation Nepal", mit welcher er schier Unmögliches wahr machen will: Die Kinder und die Eltern wieder zusammenzuführen.

Um die Eltern zu finden, reist Grennan mit Bergführern und Trägern ins weit abgelegene Humla. Die steilen Wege über die Berge sind beschwerlich, stets droht Gefahr von den maoistischen Rebellen und vor allem von den Schlepperbanden, welche von Grennans Vorhaben alles andere als begeistert sind. Doch die Mühe lohnt sich, denn jedes einzelne Familienschicksal berührt ihn und auch den Leser zutiefst. Während des Lesens drückt man stets die Daumen und hofft, dass ihm seine waghalsigen Unternehmungen gelingen. Denn die kleinen Prinzen und deren erschütternden Lebensgeschichten gehen einem sehr nahe. Dies liegt auch an Grennans ergreifendem und ehrlichem Schreibstil, mit welchem er die abenteuerlichen Erlebnisse in Neapel spannend und äußerst packend schildert.

Während der Lektüre kommt man teilweise auch nicht umhin, richtig wütend zu werden, angesichts der Ungerechtigkeiten in dieser Welt, denen man größtenteils nur hilflos gegenüber stehen kann. Doch "Little Princes" ist ein inspirierendes Zeichen der Menschlichkeit und zeigt, dass ein Einzelner beziehungsweise eine kleine Gruppe so einiges erreichen und viel Gutes tun kann. Und auch der Leser kann sich mit dem Kauf des Buches an Grennans Hilfsprojekt beteiligen und ebenfalls einen Beitrag zur Rettung von Nepals verlorenen Kinder leisten, denn ein Teil des Verkaufserlöses geht an seine Organisation "Next Generation Nepal" und wird zum Kauf von Lebensmitteln, Schulmaterialien und zur Suche nach weiteren Familien von verschleppten Kindern genutzt. 

Kathrin Grimm 
06.06.2011 

 
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Das Buch:

Conor Grennan: Little Princes. Meine Suche nach den verlorenen Kindern von Nepal. Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer

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Frankfurt am Main: Eichborn Verlag 2011
304 S., € 19,95
ISBN: 978-3-8218-6532-4

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