Medien & Gesellschaft
Der Jan Weiler des hohen Nordens
Vor wenigen Wochen fanden im finnischen Städtchen Heinola die 12. Saunaweltmeisterschaften statt. Gewonnen hat der, der bei Aufgüssen alle 30 Sekunden und Temperaturen von 110 °C am längsten schwitzen kann. Verrückt sagen die einen, nicht völlig unerwartet die anderen. Für eine Nation, für die In-die-Sauna-Gehen zum täglichen Ritus gehört wie für andere Essengehen und Schlafen, ist dieser Wettkampf ein ähnliches Großereignis wie in Deutschland ein Spiel der Fußball-Bundesliga. Grund genug also mehr als einen flüchtigen Blick auf die Nordländer zu werfen, die zwischen Rentieren, Elchen und Nadelwäldern ihrem normalen Leben nachgehen. Wolfram Eilenberger hat dies getan und seine Erfahrungen in dem etwas anderen Reisebericht "Finnen von Sinnen" für die Unwissenden festgehalten.
Es ist nun schon 14 Jahre her, dass Eilenberger für seine große Liebe die deutsche Heimat verließ, um für ein halbes Jahr ein Land und dessen Nation zu erkunden, die ihm völlig fremd waren. Diesem halben Jahr folgen nun schon 27 weitere und eine Rückkehr nach Deutschland ist längst noch nicht in Sicht. Der Grund hierfür liegt klar auf der Hand: Trotz eisiger Temperaturen von durchschnittlich -14 °C im Januar haben die Finnen so viel Wärme in ihrem Herzen wie kaum ein anderes Volk. Und eben dies macht den Reiz für eine mögliche Auswanderung in den nordischen Staat aus. Denn wo sonst wird man tagtäglich mit einer Sprache konfrontiert, die fünfzehn (!) Fälle kennt, aber kein Geschlecht, und sieben Arten von Schneeregen unterscheidet. Doch was nützt das Wissen über eine Sprache, wenn die Finnen sowieso nicht zu den größten Rednern gehören? Alles und nichts, denn das Finnische hört sich mit den vielen Vokalen und Umlauten, aber nur 14 Konsonanten manches Mal recht komisch an und macht Lust darauf, diesen Zweig der finno-ugrischen Sprachfamilie schnellstmöglich zu erlernen. Eilenberger ebnet mit seinem Buch den Weg dafür.
Nach dem Schließen von Wolfram Eilenbergers "Finnen von Sinnen" kommt man tatsächlich zum Schluss: Ja, die spinnen - die Finnen. Und doch schließt man sie schon ab der ersten Seite in sein Herz und lacht herzlich mit, statt über sie. Eilenbergers Buch wirft mit einer kräftigen Portion an
(Galgen-)Humor, Wortwitz und Herzenswärme einen gründlichen Blick in die finnische Seele, die für Außenstehende befremdlich und kurios erscheinen mag. Dabei erweist sich der "Reiseführer" zugleich als ein kunterbunter "Sprachführer", der mit Anekdoten und (sentimentalen) Erinnerungen angereichert ist. "Finnen von Sinnen" öffnet das Herz für eine andere Nation und macht Lust auf einen mehrwöchigen Urlaub in die Taiga. Für Finnland-Kenner eröffnet das vorliegende Buch neue Dimensionen und entfacht die Liebe zu diesem seltsamen Völkchen aufs Neue. Eilenberger erscheint somit als Jan Weiler des hohen Nordens und sorgt für heitere Lesestunden voller Kurzweile. Absolut empfehlenswert und höchst unterhaltsam bis zur letzten Seite!
Susann Fleischer
17.05.2010