Medien & Gesellschaft
Die fantastisch anmutende Erfolgsstory eines kleinen Zauberlehrlings
Als der ehemaligen Lehrerin Joanne K. Rowling 1990 während einer Zugfahrt von Manchester nach London die Idee zu "Harry Potter" kam, konnte sie nicht damit rechnen, dass aus dieser Idee eine Welle der Begeisterung entstehen würde und nach dem ersten Erfolg weitere sechs Bände über den Zauberschüler Harry veröffentlicht werden würden.
Schnell faszinierte der kleine Zauberer nicht nur die Kleinen, für die die Bücher ursprünglich gedacht waren, auch Erwachsene erwärmten sich schnell für den armen Waisen, dem eine schwierige Aufgabe bevorstand. Da verwundert es nicht, dass die Fangemeinde stetig wuchs und sich untereinander mitteilte. Diesem Phänomen widmet sich die US-amerikanische Autorin Melissa Anelli in "Das Phänomen Harry Potter", in dem man alles über den jungen Zauberer, dessen Erfolgsgeschichte und seine Fans erfährt.
Das Buch ist in 17 Kapitel aufgeteilt, die schwerpunktmäßig ein Thema behandeln. Anlass für die Entstehung des Buches war der letzte Band der Romanreihe, der endlich, nach zwei Jahren des langen Wartens, 2007 erschienen ist. Bereits zu Beginn des Buches tritt Anelli als Vertreterin der Harry-Potter-Fansite "Leaky Cauldron" auf. Auf diese Weise erfährt der Leser aus zuverlässiger Hand, was für eine Hysterie um den Zauberer und seine Freunde gemacht wurde. Anelli geht ausführlich auf die Entstehungsgeschichte von "Harry Potter" ein und zeigt auf, dass dessen Autorin J. K. Rowling anfangs schwer kämpfen musste, um dieses Buch auf dem Markt zu etablieren beziehungsweise überhaupt erst in einem Verlag untergebracht zu werden. Anelli gelingt es an dieser Stelle sehr gut, den harten Kampf Rowlings auf eindrückliche Weise wiederzugeben, sodass man sich in die Situation der "Harry Potter"-Autorin hineinversetzen kann.
Das Buch gibt aber keineswegs den Weg des Romans an sich und seinen Inhalt wieder, vielmehr ist es ein Spiegel der Fankultur, die nur bei wenigen vergleichbaren Werken so ausgeprägt ist. Anelli ist nicht nur selbst Fan der "Harry Potter"-Bücher, sie lebt hauptsächlich für diese Bücher - so scheint es zumindest an einigen Stellen, wenn man ihr tägliches Arbeitspensum und andere Aktivitäten betrachtet. Anelli ist nicht nur Webmaster der Homepage von "Leaky Cauldron", sie geht auch mit der befreundeten Band "Harry and the Potters" auf Tour und fliegt sogar nach London, wo sie die unglaubliche Chance erhält, J. K. Rowling höchstpersönlich kennenzulernen. So bekommt man als Leser nicht nur Einblick in diverse Fanaktivitäten, wenn um Mitternacht der neue "Harry Potter" erstanden wird und die Filmstars auf dem Roten Teppich bekreischt werden, man erfährt auch persönliche Augenblicke von Anelli, wenn sie kein Wort herausbekommt, als Rowling zum ersten Mal leibhaftig vor ihr steht.
Neben diesen vielen Aspekten finden ebenfalls vieldiskutierte Inhalte ihren Platz, wenn es darum geht, ob Hermine und Harry oder doch eher Hermine und Ron unweigerlich zusammenkommen müssen. Besonders an dieser Stelle wird ersichtlich, dass es aufgrund der Anonymität des World Wide Web möglich ist, Beschimpfungen abzugeben und unfair zu spielen. So verwundert es keineswegs, dass sich Rowlings Agenten in der Anfangsphase der vielen Fansites öfters einschalten mussten, um den Missbrauch geistigen Eigentums zu schützen. Auch dieser Aspekt findet seinen Platz im Buch, das recht umfassend ist.
Melissa Anelli hat mit "Das Phänomen Harry Potter" ein Buch verfasst, das eindrücklich und zugleich in spannender Sprache aus der Sicht eines Fans berichtet. Eine besondere Auszeichnung ist die Tatsache, dass J. K. Rowling höchstselbst das Vorwort dazu verfasst hat. Auf diese Weise wird der Leser bereits auf der ersten Seite mitgerissen. Anelli beleuchtet alle Aspekte, ohne dem Leser ihre eigene Meinung "aufzudrücken". Vielmehr ist ihr eine fesselnde "Berichterstattung" gelungen, die gerne alle Fans begeistern wird. Manches mag unbekannt sein, während man bei anderen Dingen nur mit dem Kopf nicken und sagen kann: "Ja, daran kann ich mich noch ganz gut erinnern". Eine unterhaltsame Lektüre für all jene, die in Erinnerungen schwelgen möchten, aber auch für andere, die sich bisher noch nicht mit diesem Thema auseinandergesetzt haben.
Susann Fleischer
29.06.2009