Medien & Gesellschaft

"Ich bin nicht verrückt!" - das denkt doch jeder ...

... aber was, wenn es stimmt, und man dennoch für verrückt erklärt wird - wäre das nicht der Albtraum schlechthin? Was klingt, wie aus einem spannenden und berührenden Film, ist Erika Blume in Wahrheit zugestoßen.

Es sind die 80er Jahre, und die DDR denkt noch lange nicht ans Aufgeben. Kompromisslose Parteitreue und kritikloses Hinnehmen der Staatsdoktrin sind erwünscht - wer dem nicht Folge leistet und unangenehm auffällt wird mindestens überwacht, in den meisten Fällen sogar inhaftiert oder schlimmer noch: für unzurechnungsfähig erklärt. Für Erika Blume, zu der Zeit Sportlehrerin an einer staatlichen Schule, ein großes Problem.

Die junge Frau, die sich offen zu ihrem christlichen Glauben bekennt und als Freigeist unkonventionell und eigensinnig ist, macht sich Feinde und wird als DDR-Bürgerin zur Persona non grata. Kurzum für verrückt und manisch-depressiv erklärt, ist dies der Auftakt zu einem bis heute nicht endenden Albtraum ...

Dass der Unrechtsstaat DDR, der nur scheinbar so entrückt und lange her ist, dass die Folgen des Unrechts nicht mehr spürbar sind, bis weit über sein eigentliches Bestehen Leid und Schaden anrichtet, tritt immer mehr zutage. Nach der ganzen schönfärberischen Ostalgie-Welle der 1990er und 2000er Jahre ist es beklemmend, einen Einblick zu bekommen in ein System, das keine Andersdenkenden duldete.

Erika Blume, deren Familie dem schlesischen Landadel entstammt, hat heute nichts mehr und muss bis heute mit den Folgen der "Behandlung" leben: Die psychischen und physischen Leiden, die sie davonträgt, können nicht wieder gutgemacht werden. Und dennoch lehrt uns ihr berührendes Schicksal vor allem eins: wie wichtig es ist, zu den eigenen Werten und Überzeugungen zu stehen - denn auch wenn man einen so hohen Preis bezahlt wie Erika Blume, kann man sich dann trotzdem sicher sein, sich selbst immer treugeblieben zu sein und niemanden verraten zu haben!

Gerrit Koehler
22.05.2017

 
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Das Buch:

Erika Blume: Die Gedanken sind frei - Unbefristet verrückt

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Frankfurt am Main: August von Goethe Literaturverlag 2016
217 S., € 16,80
ISBN: 978-3-8372-1949-4

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