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Der ungekrönte König

Wahlen zum besten Fu?baller aller Zeiten spitzen sich oft auf die digitale Frage "Maradona oder Pel?" zu. Hierzulande wird gerne der Name des "Kaisers" Franz Beckenbauer ins Spiel gebracht, w?hrend sich j?ngere Fu?ballanh?nger nicht vorstellen k?nnen, dass es jemals einen besseren Kicker als Zin?dine Zidane gegeben haben kann. In den Niederlanden und Spanien allerdings wird diese Diskussion mit einem raschen Machtwort beendet und kompromisslos mit dem Namen Johan Cruyff beantwortet.

Der schm?chtige Junge aus einer Amsterdamer Siedlung weckte die heutige Fu?ball-Gro?macht Niederlande in den Sechziger und Siebziger Jahren aus einem lange w?hrenden Dornr?schenschlaf. Mit seinem Stammverein Ajax Amsterdam gewann er von 1971 bis 1973 dreimal in Folge den Vorl?ufer der heutigen Champions League, bevor er nach Spanien zum FC Barcelona wechselte und die Katalanen aus dem Schatten von Real Madrid f?hrte und mit einem neuen Selbstbewusstsein ausstattete.

Dar?ber hinaus entwickelte er sp?ter als Trainer beider Vereine den Gedanken des "totalen Fu?balls", f?r den er sowohl mit der niederl?ndischen Nationalmannschaft als auch mit Ajax stilpr?gend und federf?hrend stand, weiter zu der heutigen Form des modernen Fu?balls, den die alles ?berragenden Spanier in ihrer Nationalelf sowie mit dem FC Barcelona pr?gen und der momentan die hohe Kunst und das Nonplusultra des Fu?balls darstellt. Johan Cruyff war damit anders als Pel?, Maradona, Beckenbauer oder Zidane nicht nur eine ?berragende Spielerpers?nlichkeit, sondern auch ma?geblich an der Weiterentwicklung des Fu?balls beteiligt.

Der Sportjournalist Dietrich Schulze-Marmeling zollt in seiner Biografie "Der K?nig und sein Spiel" Johan Cruyff erstmals in einem deutschen Sportbuch die ?berf?llige Ehrerbietung. Schulze-Marmeling schildert, wie er als Jugendlicher dem Fu?ball und insbesondere Johan Cruyff verfallen ist. Als die Niederl?nder bei der Fu?ball-Weltmeisterschaft 1974, der ersten auf deutschem Boden, bei ihm gleich um die Ecke residierten und nicht nur ihn mit ihrem brillanten Spiel verzauberten, hatte er sich in den "totalen Fu?ball" verliebt. Dass die Niederlande dann jedoch im WM-Finale der pragmatischen deutschen Mannschaft um Beckenbauer mit 1:2 unterlag, war Cruyffs wohl gr??te Niederlage, die wie ein ewiger Makel auf seiner Karriere lasten sollte.

Das vorliegende Buch zeichnet den Weg des Rebellen Cruyff beginnend mit seinen ersten Schritten als physisch unterentwickelter J?ngling in Ajax? Jugendmannschaften ?ber die gro?en Erfolge als Stratege auf dem Platz nach. Der Autor w?hlt dabei keine zweideutigen Formulierungen, sondern nennt Cruyff denjenigen, der die Form des heutigen Fu?balls in seiner Entwicklung ma?geblicher als jeder andere Spieler oder Trainer beeinflusst hat. Schulze-Marmeling l?sst ehemalige Mitspieler und Wegbegleiter Cruyffs zu Wort kommen, die glaubhaft machen, dass dieser bereits als Spieler auf dem Platz das Spiel besser lesen konnte und auch anders verstand als jeder andere gro?e Spieler seiner Zeit.

Schulze-Marmeling erf?llt mit seinem neuesten Werk die Erwartungshaltung seiner Leser, n?mlich ein Buch abgeliefert zu haben, das weit ?ber die Standards des Boulevardjournalismus und der heutigen Medienlandschaft hinausgeht und tiefe Einblicke und Erkenntnisse in das Gesamtwerk Johan Cruyff bietet. Wenn es so etwas wie wissenschaftliches Arbeiten im Bereich Sportgeschichte gibt, dann ist Schulze-Marmeling darin die hierzulande f?hrende Koryph?e. Nicht umsonst ist "Der K?nig und sein Spiel" bereits kurz nach Erscheinen auf die Liste der Kandidaten f?r die Wahl zum "Sportbuch des Jahres 2012" gesetzt worden.

Zwei Abschnitte mit Bildern aus Cruyffs Karriere und ein komprimierter Statistikteil runden dieses gelungene Buch ab. Schulze-Marmeling verf?llt trotz seiner bereits in jungen Jahren geweckten Euphorie f?r Cruyff nicht in eine bedingungslose Lobhudelei, sondern bewahrt seine journalistische Neutralit?t, indem er auch die Schattenseiten des charakterlich nicht immer einwandfreien Alphatiers Cruyff auff?hrt. Fu?ball-Fans gleich welcher Generation werden ihre helle Freude am vorliegenden Buch haben, wenn sie mit Johan Cruyff und seinen Mannschaften in die stilpr?genden Epochen des Weltfu?balls abtauchen und verstehen, wer hinter dem unbezwingbaren "Tiki-Taka" der Spanier sowie dem unersch?pflichen Pool an holl?ndischen und spanischen Talenten steht.

Christoph Mahnel
16.07.2012

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