Biographie

Eine bemerkenswerte Zeitreise

Der Leser nimmt den schmalen, appetitlich aussehenden Band in die Hand. Titel und Untertitel verraten ihm: Es handelt sich um die Biographien der Geschwister von Borries. – Nun ist die Familie derer von Borries eine große, sie zählt allein in Deutschland 200 Mitglieder. Um welche Geschwister handelt es sich hier? (Um August, Arthur und Anna.) Gibt es weitere Geschwister von Borries in anderer Zeit, an anderem Ort? (Gewiß.) Um welche Epoche geht es? (Um die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts.) In welchem Verhältnis steht der Verfasser zu den Dargestellten? (?) Dreht es sich bei "den Geschwistern von Borries" um alle Kinder von Friedrich von Borries und seiner Frau Auguste, geb. Abendroth? (Nein, nur um drei von acht.) Schade, daß diese Fragen nicht in Form eines Stammbaumes oder zumindest Glossars im Anhang beantwortet werden. Ansonsten ist es eine bemerkenswerte Zeitreise, auf die der Leser mitgenommen wird:

August v. B. wurde 1852 geboren; Anna v. B. im Jahre 1854. Das Geburtsjahr von Bruder Arthur wird nicht genannt, aber wir erfahren, daß er 1874 Referendar wurde. – Er wird, ganz in der Familientradition, Amtmann und hoher preußischer Beamter, ab 1903 Staatsminister, Verwaltungsfachmann im Dienste des Herzogs von Sachsen-Altenburg. Anna stellt ihr Leben und ihr Erbe in den Dienst behinderter Menschen und gründet ein "Krüppelheim". Aus diesem "Annastift" in Hannover hat sich eine bedeutende orthopädische Klinik entwickelt.

August schlägt aus der Familie: Sein Interesse gilt nicht der Juristerei und der Verwaltung, vielmehr ist es die Technik, die ihn brennend interessiert. Er wird Fachmann des Lokomotivbaus, seine Erfindungen schreiben sozusagen Eisenbahngeschichte.

Reizvoll ist, daß der Autor Götz von Borries sich auch als Chronist, nicht ausschließlich als Autor versteht. Er läßt, in Briefen und Berichten, auch andere Personen zu Wort kommen. Die Schwester der Mutter erzählt ihren Nichten und Neffen vom Leben in Hamburg (die Mutter von Arthur, Anna und August war eine Enkelin des Hamburger Bürgermeisters Abendroth); eine der Töchter berichtet ihren Geschwistern vom früh verstorbenen Vater.

Die Wirkungskreise der Geschwister waren völlig unterschiedlich. Eine Maxime aber eint alle: Man hat sich für Belange einzusetzen, die über das persönliche Interesse hinausgehen. Eine bemerkenswerte Geschwisterschar! Sie wurden früh zu Vollwaisen, konnten aber allesamt bei einer befreundeten Familie unterkommen. – Mich hätten übrigens auch die Schicksale der anderen fünf Geschwister interessiert.

fms
03.03.2002

 
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Das Buch:

Götz von Borries: Die Geschwister von Borries

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Frankfurt/M.: Fouqué Literaturverlag 1998
71 S.
ISBN: 3-8267-4225-7

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