Glossen & Berichte

Welch ein Fest: Spannende Lektüre zu Weihnachten

Hamburg (dpa) - Weihnachten ist die Zeit der Bücher. Jeder zweite Deutsche verschenkt nach der Statistik zumindest ein Buch, etwa drei Milliarden Euro gehen dafür über den Ladentisch. Immer größer werden in den Läden auch die Regale für Bücher, die Weihnachten zum Thema machen. Wie bei vielen Geschenken ist oft die Aufmachung das schönste. Doch in diesem Jahr sind ein paar wunderbare Anthologien herausgekommen.

Besonders gelungen in Aufmachung und Inhalt ist das große Weihnachtsbuch des Inselverlages: "Welch ein Fest". Und ein solches ist es auch für die Sinne des Lesers. An den Anfang haben die Herausgeber Gilda Donata und Hubert Selig die allererste aller Weihnachtsgeschichten gestellt, die aus dem Lucas-Evangelium. Doch dann geht es in einer schnellen Reise durch die nächsten zwei Jahrtausende mit Geschichten, Gedichten und Bildern halbwegs chronologisch und mit erfrischend undogmatischer Auswahl der Autoren.

Da ist Novalis zu finden ebenso wie Patricia Highsmith, Hans Sachs oder Günter Eich. Und wer sich nach der Lektüre dann noch für den wissenschaftlichen Hintergrund interessiert, findet zum guten Schluss eine sehr spannend aufbereitete "Kleine Geschichte des Weihnachtsfestes im Spiegel der Literatur".

"Nicht schon wieder Weihnachten" heißt eine Anthologie des Diogenes-Verlages, brennt dann aber zwischen nüchternen Taschenbuchdeckeln, immerhin geadelt durch eine Umschlagzeichnung von Tomi Ungerer, ein wahres Feuerwerk an Geschichten zum Fest ab. Dafür, dass es dabei nicht nur zuckrig, besinnlich zugeht, bürgen Autoren wie Ray Bradbury oder Anton Tschechow. Auch Storys von Martin Suter und Maarten 't Hart hat Daniel Kampa ausgewählt. Und lässt durch Wladimir Kaminer und René Goscinny sogar Fans von Comedy und Comic auf ihre Kosten kommen.

24 Advents-Überraschungen hat der Scherz Verlag für seine Leser zusammengestellt. "Erst 1, Dann 2, Dann 3, Dann 4 ... " heißt der literarische Adventskalender eher traditionell als originell. Doch auch er hat es in sich. Da kommen Autoren wie Thomas Hermanns oder Tine Wittler zu Wort, die besser aus dem Fernsehen bekannt sind, aber auch solche Garanten von Spannung wie Yrsa Sigurdardóttir oder Barbara Wood. Auf den Höhepunkt am 24. hat Herausgeberin Christel Kindt Bestsellerautorin Cecelia Ahern ("P.S. Ich liebe Dich") gesetzt.

Wer auch in der Weihnachtszeit zumindest literarisch nicht auf Mord und Totschlag verzichten will, der kann zu "Weißer Schnee Rotes Blut" greifen. Andrea Maria Schenkel hat für den Ullstein Verlag mörderisch gute Weihnachtsgeschichten zusammengestellt und übertreibt mit diesem Untertitel durchaus nicht. Die Bestsellerautorin ("Tannöd") hat dazu um ihre eigene Geschichte die Beiträge so renommierter Kollegen wie Sebastian Fitzek ("Splitter") und Elisabeth Herrmann ("Das Kindermädchen") versammelt oder von Heinrich Steinfest, dem Erfinder des einarmigen Detektivs Cheng.

Neben so vielen Sammlungen haben es Einzelautoren fast schwer. Axel Hacke versucht sich mit ironisch-satirischen und sehr besinnlichen Geschichten zu behaupten. In dem hübsch gestalteten Büchlein "Alle Jahre schon wieder" aus dem Verlag Antje Kunstmann mit Bildern von Michael Sowa erzählt Hacke von seinen Erinnerungen an längst zurückliegende Feste oder von vorweihnachtlichen Gesprächen mit seinem Sohn. Und er stellt sich vor, dass ein Jahr lang immer Weihnachten ist. Nur an drei Tagen darf niemand Geschenke verteilen, und jeder kann in seinem Zimmer allein essen.

Bewährtes kommt auch zu Weihnachten immer mal wieder, so bringt der Piper Verlag "Die frohe Botschaft abgestaubt" von Thommie Bayer wieder heraus, in der Jesus einen manchmal doch recht pseudo- gegenwärtigen Jargon drauf hat. Den wichtigsten Fragen widmet sich Roger Highfield mit seinem im Rowohlt Taschenbuch Verlag neu aufgelegten Buch "Warum ist der Weihnachtsmann so dick?".

Highfield, Herausgeber der Wissenschaftszeitschrift "New Scientist" bietet allen Nörglern, die nicht an die alten Geschichten glauben wollen, Paroli. Mag es auch sein, dass Rudolph das Rentier eine rote Nase hat, weil es an Parasiten leidet, oder die Leibesfülle des Weihnachtsmannes auf chronische Zuckerkrankheit zurückgeht. Es gibt immer auch noch eine zweite oder dritte Erklärung.

Wissenschaft lässt auch die Jungfrauengeburt möglich erscheinen, beteuert Highfield. Und er findet sogar sehr plausible Erklärungen dafür, dass der Weihnachtsmann in einer Nacht alle Kinder der Welt beschenken kann.

Gilda Donata, Hubert Selig (Hrsg.): Welch ein Fest
Insel Verlag, Frankfurt am Main
396 Seiten, Euro 19,80
ISBN 978-3-458-17449-3

Daniel Kampa (Hrsg.): Nicht schon wieder Weihnachten!
Diogenes Verlag, Zürich
304 Seiten, Euro 9,90
ISBN 978-3-257-24020-7

Christel Kindt (Hrsg): Erst 1, Dann 2, Dann 3, Dann 4...
Scherz Verlag, Frankfurt am Main
350 Seiten, Euro 12,00
ISBN 978-3-502-11065-1

Andrea Maria Schenkel (Hrsg.): Weißer Schnee Rotes Blut
Ullstein Verlag, Berlin
248 Seiten, Euro 14,95
ISBN 978-3-550-08741-7

Axel Hacke: Alle Jahre schon wieder
Verlag Antje Kunstmann, München
93 Seiten, Euro 14,00
ISBN 978-3-88897-583-7

Thommie Bayer: Die frohe Botschaft abgestaubt
Piper Verlag, München
176 Seiten, Euro 7,95
ISBN 978-3-492-24067-3

Roger Highfield: Warum ist der Weihnachtsmann so dick?
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg
336 Seiten, Euro 8,95
ISBN 978-3-499-62593-0

 
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