Buch des Monats Januar 2015

Die langersehnte Rückkehr des Robert Marthaler

Wiesbaden: Die hessische Landespolitik befindet sich in höchster Aufruhr: Die SPD hat mit Sabine Xanthopoulos an der Spitze einen beinahe schon erdbebenartigen Erfolg bei den Landtagswahlen verzeichnet. Der amtierende Ministerpräsident aus den Reihen der CDU sieht die weitere Ausübung seines Amtes in Gefahr, doch dafür müsste die SPD-Spitzenkandidatin schon Wortbruch begehen und mit den Linken koalieren.

Schwarzenfels: In der osthessischen Provinz nimmt ein langjähriges Mitglied des Landtags seinen Hut, obgleich der Versuch, ihm kinderpornographisches Material unterzuschieben, gescheitert ist. Beobachtet wurde dies durch einen jungen Mann namens Süleyman, der aufgrund dieses exklusiven Wissens in höchster Lebensgefahr schwebt.

Frankfurt: Eine Journalistin, die tiefgehende Recherchen zu den hessischen Koalitionsgesprächen betrieben hat, wird in einem Frankfurter Hotel tot aufgefunden. Der gezielte Schuss in ihre Augen will zum Ausdruck bringen, dass sie zu viel gesehen hat.

Jan Seghers aka Matthias Altenburg hat sich endlich überwunden und seiner grandiosen Erfolgsserie um den Frankfurter Kommissar Marthaler ein nächstes, fünftes Kapitel hinzugefügt. Begonnen hatte alles im Jahre 2006 mit dem Erstling "Ein allzu schönes Mädchen", anschließend hatte er getreu im Jahrestakt stets einen neuen Fall mit dem Leiter der Ersten Mordkommission zum Besten gegeben. Doch nach dem vierten Band mit dem Titel "Die Akte Rosenherz" hatte Seghers sage und schreibe fünf Jahre ins Land gehen lassen, bevor er nun mit "Die Sterntaler-Verschwörung" endlich die langersehnte Fortsetzung hat folgen lassen.

Dafür hat sich Seghers einiger konkreter politischer Themen und Akteure bedient. Zum einen thematisiert "Die Sterntaler-Verschwörung" den Ausbau des Frankfurter Flughafens, zum anderen stellt die im Roman vorkommende SPD-Politikerin Sabine Xanthopoulos unverkennbar Andrea Ypsilanti und deren Verquickung in eines der unsäglichsten Kapitel der jüngeren hessischen Geschichte dar. Seghers würzt das ganze noch mit ein wenig Sebastian Edathy und lancierten Pädophilie-Vorwürfen. Auch bei einigen anderen hessischen Landespolitikern des bürgerlichen Lagers hat sich der Autor wenig Mühe gegeben, ihr reales Alter Ego zu verschlüsseln.

In "Die Sterntaler-Verschwörung" sieht sich Marthalers private und berufliche Entwicklung fundamentalen Einschnitten gegenüber. Beruflich hatte sich der Kommissar in der Zwischenzeit schon durch die Übernahme der Leitung einer "Cold Case Unit" ein wenig aus dem heiklen und turbulenten Tagesgeschäft entzogen, kommt allerdings dennoch nicht umhin, sich bisweilen monatelang in Fälle zu vergraben. Privat trifft es den sympathischen Ermittler im vorliegenden Buch jedoch ziemlich heftig. Ein Heiratsantrag an seine Langzeitfreundin Tereza wird von dieser abgelehnt mit der Neuigkeit, dass sie mit sofortiger Wirkung eine temporäre Stelle in Prag antreten werde. Angeblich habe sie darüber hinaus auch noch eine folgenreiche Bekanntschaft gemacht.

Der vorgebildete Leser wird sich am erneuten Auftritt der Hamburger Journalistin Anna Buchholz erfreuen, die Marthaler bereits bei einer früheren Ermittlung zur Seite stand. Darüber hinaus spielt der miesepetrige und mittlerweile beim LKA gelandete Ex-Kollege Axel Rotteck eine zentrale Rolle im vorliegenden Roman. Seghers spannt seinen Plot wieder über ganz Hessen, neben der Ermittlungsarbeit in Frankfurt spielen sich in der osthessischen Provinz und dem Hessenpark bei Neu-Anspach im Taunus einige Schlüsselszenen ab. Abgesehen von zwei grotesk anmutenden Sexszenen hat der Autor erneut eine kluge und durchdachte Story ersonnen und zu Papier gebracht.

Wie schon bei den vier Vorgängern hat man auch bei Jan Seghers' neuestem Frankfurt-Krimi das Gefühl, einen Lokalkrimi mit Niveau in den Händen zu halten. Dafür sorgt zum einen der gehobene Schreibstil des Autors, zum anderen auch die Positionierung der Figur des Kommissars Marthaler, der zwar auch die für einen Ermittler typischen Beziehungsprobleme kennt, aber doch nicht in den ansonsten typischen und ausgelatschten Pfaden von Kommissaren der Kriminalliteratur herumtrampelt. Eigentlich ist es ein Frevel, dass Jan Seghers seine Leserschaft bis zum Erscheinen dieses Romans fünf Jahre hat darben lassen. Kommissar Marthaler hat definitiv das Recht und die Pflicht, in Zukunft wieder häufiger ermitteln zu dürfen und seinen Lesern entsprechende Einblicke in die Fälle zu gewähren.

Christoph Mahnel
05.01.2015

 
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Das Buch:

Jan Seghers: Die Sterntaler-Verschwörung

Reinbek bei Hamburg: Kindler Rowohlt Verlag 2014
496 S., € 19,95
ISBN: 978-3-463-40315-1

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