Buch des Monats September 2013
Paris meets Nippon
Der "Geburtshelfer" versetzt Paris in Angst und Schrecken. Ein Serienmörder tötet schwangere Frauen auf bestialische Art und Weise, entnimmt die ungeborenen Föten und verbrennt diese. Kommissar Oliver Passan ist auf der scheinbar richtigen Spur und steht kurz vor der Überführung des Verdächtigen, des mit allen Wassern gewaschenen Autohändlers Guillard. Doch im Überschwang seiner Ermittlungen nimmt sich der cholerische Passan ein wenig zu viel heraus, muss ein gerichtliches Annäherungsverbot an Guillard akzeptieren, überschreitet jedoch weiterhin die Grenzen der Legalität und wird schließlich vom Fall abgezogen. Kann der Serienmörder nun ungestört weitermorden? Schweben noch mehr schwangere Frauen damit in Lebensgefahr?
Passan sollte es eigentlich nur recht sein, vom Fall entbunden zu sein. Denn seine akuten Eheprobleme mit seiner japanischen Ehefrau Naoko belasten ihn schwer. Die Scheidung steht unweigerlich vor der Tür, erste Maßnahmen zur Betreuung der beiden Söhne finden bereits ihre Umsetzung. Da geschehen einige seltsame Dinge rund um das Haus des Kommissars. Immer wieder finden sich Spuren eines Eindringlings. Will sich Guillard etwa persönlich an demjenigen Ordnungshüter rächen, der kurz vor seiner Überführung als "Geburtshelfer" stand? Doch allmählich kristallisiert sich eine viel größere Bedrohung für Passan, Naoko und ihre gemeinsamen Kinder heraus, die mit einem unausgesprochenen Geheimnis der Familie Passan zu tun hat, dessen Ursprung im Land der aufgehenden Sonne zu suchen ist.
"Die Wahrheit des Blutes" ist der neueste Thriller des bekannten französischen Schriftstellers Jean-Christophe Grangé. Hierzulande ist der Franzose vor allem durch die Verfilmung seines frühen Romans "Die purpurnen Flüsse" mit Jean Reno bekannt. In den vergangenen Jahren hat der Pariser Autor jedoch konsequent mit weiteren Thrillern überzeugt, die stets mit enormer Rasanz und einer gehörigen Portion Action daherkamen, aber auch gerne mit einer Prise Mystik gewürzt waren. In diese Kerbe schlägt auch Grangés neuestes Werk. Althergebrachte japanische Traditionen gelangen mehr und mehr ins Zentrum der Ermittlungen und lassen schließlich die Lösung des Falles genau dort vermuten.
Kommissar Passan ist ein großer Japan-Liebhaber, der alles verehrt, was mit dem Lande Nippon zu tun hat. Die Eheschließung mit einem japanischen Model war für ihn einst die Krönung seines Faibles und die Möglichkeit, die westliche Welt mit der fernöstlichen zu verschmelzen. Egal, ob japanische Musik, Literatur oder Kampfkunst - Grangé transportiert die Ferne Japans in "Die Wahrheit des Blutes" gekonnt ins hiesige Abendland. Schließlich findet sogar - ohne an dieser Stelle zu viel vorwegzunehmen - der rasante Showdown auf einer einsamen japanischen Insel statt.
Grangé hat für das vorliegende Werk einen ungewöhnlichen, weil zweigeteilten Aufbau gewählt. Nachdem sich der Handlungsstrang rund um den "Geburtshelfer" bereits in einem ziemlich frühen Stadium auflöst, erfolgt in der zweiten Halbzeit von "Die Wahrheit des Blutes" nochmal eine Steigerung von Spannung und Nervenkitzel. Da beim vorliegenden Hörbuch schon während der dritten CD der Fall des Serienmörders gelöst wird, ist der Hörer zunächst geneigt, den CD-Player auszuschalten und das Hörbuch zurück in den Schrank zu stellen. Doch wer Grangé kennt, weiß, dass dies nur der Aufgalopp für ein umso action- und spannungsreicheres Finale gewesen sein kann.
Die vorliegende gekürzte Lesung des Buches hat mit Martin Keßler, einem erfahrenen Synchron- und Hörbuchsprecher, eine gelungene Besetzung erfahren. Keßler versteht es hervorragend, mit seiner Stimme Rasanz sowie Spannung zu transportieren. Nach dem scheinbaren Bruch auf der dritten CD nimmt Keßler den Hörer mit auf eine atemberaubende Reise durch die japanische Kultur und zum Inselstaat im pazifischen Ozean. Die sechs CDs erstrecken sich über knapp sechseinhalb Stunden, die bei einer solch spannenden Story und der beschleunigenden Lesung Keßlers wie im Fluge vergehen.
Christoph Mahnel
02.09.2013