Buch des Monats - April 2011

Ein Roman wie das Leben

Es ist eine Angst, die jeden umtreibt und einen auch dann nicht loslässt, wenn man sich gewiss sein kann, dass der Chef die Arbeit seines Mitarbeiters überaus schätzt. So, oder so ähnlich, ergeht es auch Simon Kannstatt, der jahrelang auf der Überholspur des Lebens unterwegs war und nun auf das Abstellgleis geschoben wird. Einst Top-Manager einer internationalen Investmentfirma und am nächsten Tag arbeitslos - so lässt sich die Karriere des geborenen Workaholics beschreiben. Und so fällt es ihm auch schwer, die Realität und damit sein neues Schicksal als zukünftiger Hartz-IV-Empfänger zu akzeptieren. Stattdessen versucht er um jeden Preis die Fassade aufrechtzuerhalten und begibt sich erst einmal dorthin, wo er sich am sichersten fühlt. 

Der Züricher Flughafen ist für Kannstatt ein Ort der Zuflucht, an dem er jener Businessmann sein kann, den er nach wie vor in sich sieht. Statt in den nächsten Flieger zu steigen und den Terminen hinterherzujagen, hängt Kannstatt seinen Gedanken nach und gibt sich seinen Tagträumen hin, die ihn an jeden Ort der Welt bringen. Und trotzdem ist da stets dieses traurige Gefühl, das von seinem Herzen Besitz ergreifen will. Doch statt in den Erinnerungen von gestern zu schwelgen, ist es für ihn von dringlicher Wichtigkeit, sich dem Hier und Jetzt zu widmen, das ihm neue Perspektiven offenbart. Denn die Träume von einst wollen nun endlich erfüllt werden. Und so lebt der erfolgsverwöhnte Top-Manager abermals auf und erkennt, dass das Leben nun erst anfängt, denn mit seiner Kündigung steht ihm nun die ganze Welt offen. 

Hubertus Meyer-Burckhardt ist vielen als Mann an der Seite von Barbara Schöneberger bekannt. Als Gastgeber der "NDR Talk Show" scheut er keine Diskussion und stellt oftmals brisante Fragen, die Deutschland bewegen. Sein literarische Debüt "Die Kündigung" gehört zweifellos zu den Romanen, die für einen kurzen Moment die Welt stehen lassen und den Leser zum Nachdenken anregen - auch lange, nachdem das Buch geschlossen wurde. Dies liegt vor allen Dingen an der Detailgenauigkeit, mit der die deutsche Gegenwart beschrieben wird, sodass sich jeder Rezipient hier wiederfinden wird - zumindest auf die ein oder andere Weise. Ein Moderator, der schreiben kann? Hubertus Meyer-Burckhardt beweist, dass dieses kein Paradoxon sein muss, sondern durchaus in der Realität Bestand hat. "Die Kündigung" ist nämlich hohe Literatur im Kleinen und deswegen umso lesenswerter. 

Susann Fleischer 
04.04.2011

 
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Das Buch:

Hubertus Meyer-Burckhardt: Die Kündigung

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Berlin: Ullstein Buchverlage 2011
160 S., € 18,00
ISBN: 978-3-550-08849-0

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