Buch des Monats - M?rz 2011

Hochspannung im Moor

Er hat seine Fans lange warten lassen. Aber endlich und nach ?ber zwei Jahren des Wartens hat Simon Beckett seinen neuesten David-Hunter-Roman vorgelegt: "Verwesung" lautet der Titel der deutschsprachigen Ausgabe des vierten Romans um den forensischen Anthropologen Dr. David Hunter. Nachdem Beckett in "Kalte Asche" einen Fall auf eine schottische Hebrideninsel verlagert hatte und in "Leichenbl?sse" Hunter gar in Tennessee auf der "Body Farm" hatte ermitteln lassen, kehrt er im vorliegenden Roman wieder dorthin zur?ck, wo in "Die Chemie des Todes" die Serie ihren Lauf genommen hatte, ins verlassene englische Niemandsland.

Dartmoor, die H?gellandschaft im S?dwesten Englands, ist in etwa das, was sich ein romantischer deutscher Krimifan seit Sherlock Holmes' Ermittlungen in "Der Hund von Baskerville" als idealen Hintergrund f?r einen echten englischen Thriller ausmalt. Eben in dieser Gegend hatte vor acht Jahren der Fall des Serienm?rders Jerome Monk, der vier junge Frauen auf dem Gewissen hat, f?r gro?es Aufsehen gesorgt. Zwar konnte Monk verhaftet werden und war auch gest?ndig, doch schwieg er sich ?ber den Verbleib der beiden Leichen der Bennett-Zwillinge aus. David Hunter war damals bereits in einer assistierenden Rolle an den Ermittlungen beteiligt. Doch hatte ihn zu dieser Zeit das Schicksal einen ungleich h?rteren privaten Schlag erleiden lassen.

Nun ist Jerome Monk nach acht Jahren Haft aus seinem Hochsicherheitsgef?ngnis ausgebrochen. Die Erinnerungen aller Beteiligten kehren zur?ck, doch viel schlimmer noch muss sich der innerste Kreis des damaligen Ermittlungsteams um Leib und Leben sorgen, denn Monk scheint seine gelungene Flucht zu einem privaten Rachefeldzug nutzen zu wollen. Der Leser erf?hrt in "Verwesung" endlich mehr ?ber das dunkelste Kapitel in David Hunters Vergangenheit, den Unfalltod seiner Frau Kara und seiner Tochter Alice. Dabei gelingt es Beckett im ersten Teil des Buches, der eben vor acht Jahren zur Zeit der Verhaftung Monks und des Unfalls seiner Familie spielt, einen ?ber alles sympathischen Familienvater zu zeichnen, der sich vom erfolgreichen Forensiker Dr. Hunter doch deutlich unterscheidet.

Das vorliegende Buch ist beim herausgebenden Wunderlich Verlag wieder im gewohnten Outfit erschienen. Auf schwarzem Hintergrund prangt ein wei?es Kreuz, die Verg?nglichkeit des Menschen symbolisierend und den Arbeitsalltag Hunters trefflich reflektierend. Die Ver?ffentlichung des Buches in Deutschland war mit einer besonderen Aufmerksamkeit der Medien einhergegangen, zumal Simon Beckett und seine Romane in Deutschland beinahe gr??ere Anerkennung genie?en als in dessen Heimatland. F?r gew?hnlich l?sst sich die Erfolgsformel f?r eine gelungene Krimiserie wie folgt formulieren: Man produziere einzelne F?lle mit einem markanten Protagonisten, wobei die Singularit?t der F?lle jedermann zu jeder Zeit einen Neueinstieg erm?glicht, aber auch eine Weiterentwicklung der Figuren mit einem chronologischen Fortschritt vorsieht. Beide Erwartungshaltungen der Leser werden von Beckett vorz?glich umgesetzt.

Was die Beckett-erfahrenen Leser w?hrend der Lekt?re jedoch feststellen m?ssen, ist, dass sie aufgrund der Erlebnisse aus den drei vorangegangenen Romanen die eigene Unvoreingenommenheit, mit der man f?r gew?hnlich an einen solchen Kriminalroman herangeht, v?llig ?ber Bord geworfen haben. Schlie?lich hat Beckett einen in der Vergangenheit schon oft genug an der Nase herumgef?hrt, wobei die Guten selten allesamt gut waren und auch die Schlechten nicht durchweg schlechte Charaktere waren. Der Leser ist daher wachsam und ?berpr?ft alle ?u?erungen und Gesten der Hauptdarsteller besonders wachsam, insbesondere da dieses Mal die Rollenverteilung doch allzu eindeutig scheint. Ob diese Vorsicht berechtigt ist oder Beckett sie gar erneut best?tigt, sei an dieser Stelle nat?rlich offen gelassen.

Beckett ist mit "Verwesung" wieder ein richtiger Kracher gelungen, der das Leben des Lesers nach Kauf des Buches f?r ein paar Tage ?ber den Haufen wirft und vor allem dessen Schlafgewohnheiten untergr?bt: Man geht sp?ter ins Bett und steht fr?her auf, nur um noch ein oder zwei oder drei Kapitel weiterlesen zu k?nnen. Gl?cklicherweise muss einem um die Zukunft der Reihe nicht bange sein, schlie?lich ist ein Auftauchen von Grace Strachan, der Frau, die ihn einst am Ende von "Kalte Asche" mit einem Messer lebensgef?hrlich verletzt hatte und seitdem spurlos verschwunden ist, fr?her oder sp?ter garantiert. Ob die angedeutete Fortf?hrung der Reihe am Ende des vorliegenden Buches allerdings tats?chlich mit Grace Strachan zu tun haben wird oder nicht, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand erahnen, wahrscheinlich wei? es nicht einmal Simon Beckett selbst.

Christoph Mahnel
07.03.2011

 
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Das Buch:

Simon Beckett: Verwesung. Aus dem Englischen von Andree Hesse

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Reinbek: Wunderlich Verlag 2011
448 S., € 22,95
ISBN: 978-3-805-20867-3

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