Buch des Monats April 2021

Alle Tiere sind gleich

Auf der Manor Farm von Mr. Jones, einem notorischen und gewalttätigen Säufer, braut sich etwas zusammen: Die Tiere haben genug davon, vernachlässigt und misshandelt zu werden und nur für Jones und den Nutzen der Menschen zu schuften. Old Major, ein alter, weiser Eber, predigt den anderen Tieren der Farm seine Träume von einer Rebellion der Tiere gegen die Herrschaft der Menschen und präsentiert ihnen auch die "Sieben Gebote des Animalismus", die unter anderem betonen, dass alles, was auf zwei Beinen geht oder keine Flügel hat, ein Feind ist. Außerdem sollen Tiere keine Kleider tragen oder in Betten schlafen. Zu guter Letzt enthalten die Gebote auch die Maxime: "Alle Tiere sind gleich."

Unter der Führung der schlauen Schweine gelingt den Tieren tatsächlich die Rebellion gegen Jones und sie jagen ihn von seinem eigenen Hof. Fortan müssen sich die Tiere um alles selbst kümmern und für ihr Futter sorgen. Doch sie können von ihrer Arbeit Ertrag gut leben und sind glücklich und zufrieden. Langsam schleichen sich aber Veränderungen ein, insbesondere im Verhalten der Schweine, die immer mehr Macht an sich reißen und auch optisch den Menschen immer ähnlicher werden. Die Sieben Gebote, die an der Scheunenwand für alle zur Erinnerung stehen, werden Stück für Stück leicht abgewandelt oder verschwinden im Laufe der Jahre ganz, bis am Ende nur noch ein Gebot übrig bleibt: Alle Tiere sind gleich, aber einige sind gleicher als andere.

"Farm der Tiere" gehört neben "1984" zu den bekanntesten Werken des britischen Schriftstellers George Orwell (1903-1950). Er verfasste diese dystopische Fabel, mit der er totalitäre Systeme jeglicher Art, aber insbesondere die Diktatur Stalins kritisierte, in den Jahren 1943 bis 1944. Die Veröffentlichung bereitet ihm jedoch große Schwierigkeiten, denn ein sowjet-kritisches Buch konnte Großbritannien, solange man als Alliierte zusammen mit der Sowjetunion gegen Deutschland kämpfte, nicht verantworten. Erst nach Kriegsende wurde "Farm der Tiere" nach und nach in den westlichen Staaten veröffentlicht. In der DDR und den Ostblockstaaten blieb das Werk bis 1989 verboten.

Auch ein Dreivierteljahrhundert nach der Erstveröffentlichung ist "Farm der Tiere" noch immer vielerorts ein fester Bestandteil der Schullektüre, da die Fabel unglaublich zeitlos und auf grundlegende gesellschaftliche Strukturen und menschliches Machtgebaren übertragbar ist. Im Laufe der Zeit gab es immer wieder Neuübersetzungen, so auch in diesem Jahr mit der Übersetzung von Lutz-W. Wolff. Wer frühere Übersetzungen kennt, weiß, dass in diesen jegliche englische Namen, wie Manor Farm (Herrenfarm) oder das Pferd Clover (Kleeblatt), ins Deutsche übersetzt wurden. Dies ist in der neuen Übersetzung nicht mehr der Fall, hier wurden englische Namen beibehalten.

Ein Grund, warum man sich auch nach der Schulzeit ein solches Buch noch einmal zu Gemüte führen kann, ist natürlich die bereits erwähnte Zeitlosigkeit. Aber was sicher für eingefleischte Hörbuchfans ein unschlagbares Argument ist, ist die Sprecherwahl bei der Neuvertonung. Christoph Maria Herbst verleiht der Fabel mit seinem vielfältigen Sprechertalent eine ganz eigene Note und Interpretation. Wer also sein Wissen über klassische Literatur auffrischen und ganz nebenbei einem Hörvergnügen frönen möchte, der ist mit dieser Hörbuchfassung (natürlich ungekürzt, alles andere wäre ein Vergehen an Orwell gewesen!) bestens beraten.

Sabine Mahnel 
06.04.2021

 
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Das Buch:

George Orwell: Farm der Tiere. Aus dem Englischen von Lutz-W. Wolff

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Sprecher: Christoph Maria Herbst München: Random House Audio 2021 Spielzeit: 230 Min., € 20,00 ISBN: 978-3-8371-5545-7

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